Dokumentation des Aufrufs vom Frauen-Plenum Oberhausen zum 8. März 2016
8. März: Internationaler Frauenkampftag
Das Frauen-Plenum Oberhausen ruft für den
8. März 2016 zur Demonstration auf.
Wenn wir uns am 8. März auf der Straße treffen, erinnern wir uns auch an die Geschichte dieses Tages. Wir erinnern uns an die vielen Frauen, denen es durch ihre Entschlossenheit und Phantasie eindrucksvoll gelungen ist, auf bestehende gesellschaftliche Missstände und die Ungleichbehandlung in allen Bereichen hinzuweisen, um schließlich ihre zentrale Forderung, die Einführung des uneingeschränkten Frauenwahlrechts, durchzusetzen.
1910: Die internationale sozialistische Frauenkonferenz - Clara Zetkin ergreift die Initiative für einen weltweit gemeinsamen Frauen-Kampftag.
Es ist offensichtlich krass: Gesetze werden ausschließlich von Männern gemacht, ausgelegt und durchgesetzt. Politik ist Männersache. Frauen haben weder passives noch aktives Wahlrecht.
1960 - Bundesrepublik: Verheiratete Frauen benötigen die Unterschrift des Ehemannes unter dem Arbeitsvertrag, um arbeiten gehen zu dürfen.
2016: Die Situation von Frauen ist komplizierter, weil nicht mehr ganz so offensichtlich, denn Frauen sind rechtlich den Männern gleichgestellt - aber für theoretisch gleiche Chancen kann sich keine Frau etwas kaufen!
Seit dem ersten Internationalen Frauentag vor über 100 Jahren hat sich die Situation der Frauen weltweit drastisch verändert. Das, was es für uns heute schwierig macht, gegen die nach wie vor bestehende Ungleichheit vorzugehen, ist die Annahme, seit Einführung von Gender Mainstreaming und Frauenförderprogrammen hätte sich alles verbessert.
Na klar, wir haben ja sogar eine Frau als Bundeskanzlerin!
Jedoch: Nicht alle Veränderungen waren zum Vorteil der Frauen. Und so manches wurde sogar schlimmer!
Wir erleben eine wirtschaftliche, ökologische und soziale Krise von weltweitem Ausmaß. In der EU wurde zur Bewältigung der Krise unter anderem die „Agenda 2010“ entwickelt. In der BRD wurde diese zu Beginn der 2000er Jahre von SPD und Grünen mit den so genannten Hartz-Gesetzen umgesetzt – einem gewaltigen Umverteilungsprogramm von unten nach oben:
Die Unternehmensrechte wurden gegenüber denen der Beschäftigten in bis dahin unvorstellbarem Maße ausgebaut, gleichzeitig Erwerbslose mit Hilfe von „Hartz IV“ zur Annahme neu geschaffener Billigjobs gezwungen. Ganze Unternehmensteile werden ausgelagert, weil es profitabler ist, diese von kostengünstigen Leiharbeitsfirmen oder über Werkverträge erledigen zu lassen. Beschäftigte werden in die Scheinselbständigkeit gezwungen und tragen fortan das volle Marktrisiko allein. Vorschriften zum Kündigungsschutz und zur Begrenzung der Arbeitszeit gelten für sie nicht. Arbeiten müssen sie zu Dumpingpreisen, denn den Zuschlag bekommt immer nur das preisgünstigste Angebot.
Die Konzernlenker (meist sind es Männer) nutzen die Möglichkeiten der globalisierten Wirtschaft, um die Belegschaften auch auf internationaler Ebene gegeneinander auszuspielen:
Da wandern Unternehmen wie Nokia oder Opel nach Ausschöpfung aller staatlichen Subventionen auch mal gerne in Billiglohn-Länder aus – oder sie drohen wegen angeblich zu hoher Löhne oder zu vieler Rechte der Beschäftigten mit Auslagerung von Produktion.
So können sie immer größere Gewinne an den internationalen Börsen verbuchen, während gleichzeitig der Anteil der Löhne am Volkseinkommen stetig sinkt.
Von dieser Entwicklung sind Frauen in besonderem Maße betroffen.
Mit der Krise und wachsendem Konkurrenzdruck breitet sich Gewalt inbesondere auch gegen Frauen in der Gesellschaft immer weiter aus. In diesem Zusammenhang sehen wir auch die Kombination aus sexualisierter Gewalt und Raub, deren Opfer viele Frauen werden.
Trotz gegenteiliger offizieller Verlautbarungen gibt es europaweit vermehrt Kräfte, die von Frauen erkämpfte Rechte in Frage stellen und sie in ihre traditionelle Rolle zurückdrängen wollen.
Frauen verdienen im Durchschnitt noch immer 22,3% weniger als Männer und sitzen mit 70% zu 30% wesentlich seltener in Führungspositionen. Sie arbeiten unverhältnismäßig häufig zu Billiglöhnen und oft unfreiwillig in Teilzeit. Insbesondere Frauen, die im Niedriglohnsektor auf befristeten Arbeitsverträgen ein kaum zu schaffendes Arbeitspensum bewältigen müssen (z. B. im Pflege- oder Reinigungsbereich), erhalten einen Lohn, der zum Leben nicht mehr ausreicht. Sie müssen entweder beim Jobcenter eine Aufstockung beantragen oder einen genauso schlecht bezahlten, aufreibenden Zweitjob annehmen.
Da ist es nicht erstaunlich, dass – trotz vermeintlich gleicher Chancen für Väter – in gut 93% aller Fälle Frauen die Erziehungszeiten in Anspruch nehmen. So sind es meist Frauen, die neben den Problemen beim Wiedereinstieg in den Beruf zusätzlich auch noch die Kindererziehung und den Haushalt zu bewältigen haben – noch dazu mit zu geringen finanziellen Mitteln.
Care-Arbeit – die Organisierung des Alltags, die Sorge für Angehörige und auch die Sorge für sich selbst – sind kaum noch zu schaffen. Denn dieser Arbeit wird kein Wert beigemessen, weder finanziell noch ideell. Frauen bekommen besonders zu spüren, dass weltweit die Bedürfnisse der Menschen den Kapitalinteressen untergeordnet werden. Am untersten Ende stehen Frauen ohne deutschen Pass, die für noch geringeren Lohn die Care-Arbeit in überforderten Familien übernehmen.
Wir begrüßen es, dass Frauen in den letzten Jahren verstärkt mit Aktionen und Streiks auf ihre prekären Arbeits- und Lebensbedingungen aufmerksam machen und für Verbesserungen kämpfen!
Ihnen gilt unsere uneingeschränkte Solidarität.
Nur wer kämpft, kann gewinnen!!!
Demo in Oberhausen
Die Demonstration findet am Dienstag, 8. März 2016 statt. Sie startet um 11:55 Uhr vom Kommunalen Integrationszentrum (Treff 200), Mülheimer Str. 200 und führt über die Marktstraße Richtung Rathaus zur Gleichstellungsstelle an der Schwartzstraße 71. Dort findet eine Zwischenkundgebung statt. Die Demonstration endet mit einer Abschlusskundgebung vor dem Rathaus.
Alle Frauen und Männer, die das Anliegen der Veranstalterinnen teilen, sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
Wer den Aufruf zur Demonstration unterstützen möchte, schreibe bitte an:
Frauen-Plenum Oberhausen, Mülheimer Str. 24, 46049 Oberhausen.
Email: frauen-plenum-ob@gmx.de
Frauen, organisieren wir uns und fordern:
• Existenzsichernde Löhne für alle!
• Abschaffung der prekären Arbeitsverhältnisse!
• Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit!
• Durchsetzung der Quotierung für Frauen in Gesellschaft, Politik, Gewerkschaften und Arbeit!
• Effektiven Schutz von Frauen und Kindern vor häuslicher Gewalt!
• Angemessene Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, Alte, Kranke, an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet – nicht an den Profitinteressen von Unternehmen!
Dies können wir nur gemeinsam solidarisch durch die Selbstorganisation von Frauen im öffentlichen Raumerreichen. Ein erstes Zeichen setzt Du mit Deiner Beteiligung an der Demonstration am 8. März!