Scherz, Sati­re, Iro­nie und unser Leben in einem Tollhaus

Ernst Kocha­now­ski

Lie­be Schwes­tern und Brüder,
in den letz­ten Jah­ren beschäf­tigt eine Anhäu­fung von Kli­ma-Anoma­lien, wie zu wenig Regen, zu star­ker Regen, zu lan­ge Hit­ze­pe­ri­oden und so wei­ter, welt­weit die Medi­en. Zu die­sen Vor­bo­ten noch kom­men­der Kata­stro­phen wer­den merk­wür­di­ge Mythen, skur­ri­le Dis­kur­se und mar­tia­li­sche Fie­ber­träu­me der lei­der zu oft nicht mehr hin­hö­ren­den Öffent­lich­keit präsentiert.
Die Tag und Nacht dem Kapi­tal­wohl und des­sen Medi­en die­nen­den und vom Vol­ke gewähl­ten Vertreter*innen müs­sen ganz eigen­nüt­zig die neo­li­be­ra­le Erzäh­lung für ein eher­nes Gesetz hal­ten. „The­re is no Alter­na­ti­ve!“ sag­te dazu die eben­falls eiser­ne „Lady“ That­cher. In die popu­lis­ti­sche Toll­brä­gen­spra­che von Wirt­schaft und Poli­tik über­setzt, bedeu­tet dies „Wei­ter so, denn der Markt regelt alles!“. Von gigan­ti­schen Tage­bau­en für Koh­le und denen für „Sel­te­ne Erden“, von Über­pro­duk­ti­on bis Unter­ver­sor­gung, von bil­li­gen Flü­gen in alle Welt bis mit dem SUV schnell mal zum Büd­chen ist alles geregelt.

Aber dann doch nicht so rich­tig, meint unser Lan­des­va­ter Laschet mit dem grü­nen Dau­men. Der wirft nun der Umwelt­be­we­gung vor, die­se unum­stöß­li­che Selbst­re­gu­lie­rung außer Kraft gesetzt zu haben. Denn obwohl der „Kli­ma­wan­del seit 30 Jah­ren auf dem Tisch liegt“, sei die­se Bewe­gung vor allem gegen Atom­kraft auf­ge­stan­den und nicht für die Redu­zie­rung von CO2. Folg­lich trifft sie ein gerüt­telt Maß an Schuld, wohl weil so die Herr­schen­den wei­ter unse­re Welt ver­sau­en konnten.

In Frank­reich dage­gen sei unver­dros­sen der Kern­kraft gehul­digt wor­den, und das habe jetzt als „fast ein­zi­ges Land auf der Welt“ „blen­den­de Klimaziele“.
Die Poli­tik ist also von der Umwelt- und Anti­atom­be­we­gung – und jetzt auch noch von Fri­days for Future – dar­an gehin­dert wor­den, geeig­ne­te Maß­nah­men zu ergrei­fen. Zitro­nen­fal­ter gibt es auch schon kei­ne mehr. (Und wer fal­tet jetzt eigent­lich die Zitronen?)

Zur Ablen­kung von der schnö­den Wich­tig- und Wirk­lich­keit wer­den also sehr krea­ti­ve Blöd­hei­ten erson­nen. Gibt es eigent­lich ana­log zu „alter­na­ti­ven Fak­ten“ auch eine „alter­na­ti­ve Intelligenz“?
Ganz in deren Zei­chen erscheint auch der Dis­kurs um unser innig gehass­lieb­tes Rotlichtviertel.

Einer­seits macht die Flaß­hof­stra­ße Ober­hau­sen zu einer rich­ti­gen Groß­stadt, ande­rer­seits aber zu einem Pfuhl der Ver­derb­nis, also auch zu einem Lage­r­ort für Wahlkampfnebelkerzen.
Wol­len wir der Deut­schen Bahn das Gleis­drei­eck sanie­ren, damit das ältes­te Gewer­be der Welt unse­re Kin­der nicht wei­ter ver­der­ben kann?

Wol­len wir jetzt die durch Rot­licht und angren­zen­des Gewer­be reich gewor­de­ne Halb­welt noch rei­cher machen?
Oder für was wur­de die­ser „Geis­ter­dis­kurs“ eigent­lich inszeniert?
Fra­gen über Fra­gen. Und die wich­ti­gen Themen?

Was war da noch gleich wie­der? Irgend­was mit Kli­ma, Krieg und Tod im Mit­tel­meer? Oder was?
Scheiß drauf!

aus der Avan­ti O., Sept. -Dez. 2019
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