Gemeinsam gegen Betriebsrats-Mobbing!
P. S. / H. N.
Seit etwa zwanzig Jahren nehmen Fälle systematischer Gewerkschaftsbekämpfung, praktiziert von Unternehmen jeglicher Größenordnung, stetig zu. In der Avanti O. berichten wir regelmäßig über derartige Machenschaften. (So auch in dieser Ausgabe.)
Eine für die Betroffenen besonders bedrohliche Form dieser als „Union Busting“ bekannten Unternehmensstrategie ist das gezielte Fertigmachen von einzelnen engagierten KollegInnen im Betrieb; namentlich von Betriebsräten, die ihre Aufgaben ernst nehmen.
Um sich effektiv wehren zu können, brauchen Gewerkschaften, Betroffene und UnterstützerInnen ihrerseits eine Gegenstrategie. Einen Raum, um eine solche zu erarbeiten, organisiert das Mannheimer Solidaritätskomitee gegen BR-Mobbing mit der bundesweiten Tagung „Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.”.
Das Komitee, das seit dem Jahr 2012 betroffene KollegInnen aus dem Raum Rhein-Neckar aktiv unterstützt, hat am 14. Oktober 2017 die Tagung im vierten Jahr in Folge im Mannheimer Gewerkschaftshaus durchgeführt. Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Branchen hatten sich für diesen Kongress angemeldet.
Mit Rechtsbruch gegen Betriebsräte
Anwesende Betriebsratsmitglieder aus verschiedenen Betrieben und Branchen berichteten über ihre schockierenden Erfahrungen. Diese belegen die weiter gewachsene Aggressivität gegenüber gewerkschaftlich aktiven Mitgliedern von Interessenvertretungen.
Mit so genannten Verdachtskündigungen, mit Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird gegen engagierte Betriebsräte vorgegangen. In der Folge kommt es bei Betroffenen zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbstmordversuchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Probleme.
Diese skandalösen Rechtsbrüche haben Unternehmensleitungen und ihre Helfershelfer in spezialisierten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Detekteien zu verantworten.Auf der Konferenz kam aber nicht nur die Betriebsrats- und Gewerkschaftsbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland an aktuellen Beispielen zur Sprache. Vielmehr wurden die Möglichkeiten einer erfolgreichen Abwehr des Betriebsrats-Mobbings aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Klaus Stein, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, berichtete in seinem Grußwort von einer zunehmenden Zahl von Angriffen auf Betriebsräte und gewerkschaftliche Organisierung in Betrieben der Region. Er betonte die Notwendigkeit einer konsequenten Gegenwehr.
Gerhard Klas von work watch Köln, einer von Günter Wallraff mitbegründeten Initiative, forderte die Einzelgewerkschaften auf, Opfern von BR-Mobbing unbürokratisch und schnell finanzielle Notlagen-Unterstützung zu gewähren.
Susanne Kim und Philipp Zysas vom IG Metall-Vorstand in Frankfurt referierten zum Thema „ Organisieren – eine Methode zur Verteidigung unserer Grundrechte im Betrieb gegen Angriffe auf Gewerkschaften?”. Eine zentrale Aussage ihrer Ausführungen war, dass die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften eine „wachsende Gefahr für Demokratie in Betrieb und Gesellschaft” ist.
Dietrich Growe, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Mannheim (Kanzlei Dr. Growe & Kollegen), setzte sich mit der Frage „§ 119 Betriebsverfassungsgesetz – kein Thema im Arbeitsrecht?” auseinander. Seine Empfehlung für die juristische Bekämpfung des BR- Mobbings lautete, „Konzernvorstände, Aufsichtsratsmitglieder, Eigentümer, Rechtsanwälte und führende Kanzleipartner in die strafrechtliche Verantwortung [zu] nehmen!”
Eine kleine Sensation war die Vorstellung der ersten Bildergeschichte zu Betriebsrats-Mobbing überhaupt. Sie trägt den Titel „Die 10 Schritte zur Beseitigung des Betriebsrats“. In ihr haben von BR-Mobbing betroffene Kollegen ihre Erlebnisse in einer beeindruckenden Form verarbeitet. Eine Veröffentlichung ist geplant.
Peter Köster (IG BAU Mülheim, Essen, Oberhausen) skizzierte strategische Perspektiven für die noch wirksamere Bekämpfung von BR-Mobbing durch Betroffene, Solidaritätskomitees und Gewerkschaften.
Was tun gegen BR-Mobbing!
Die Tagung verabschiedete die Entschließung „Was tun gegen BR-Mobbing!“
Unterstützer der vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ organisierten Konferenz waren IG Metall Mannheim sowie AKUWILL Oberhausen, Betriebsrat General Electric Mannheim, IG BCE Weinheim, Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar, ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.
Einen berührenden musikalischen Beitrag zum guten Gelingen der Tagung leistete die Mannheimer Künstlerin Gizem Gözüacik.
In einem Jahr, am 13. Oktober 2018, soll die 5. bundesweite Konferenz „Betriebsräte im Visier” in Mannheim stattfinden.
Weitere Infos: siehe: www.gegen-br-mobbing.de.