„Grund- und Menschenrechte gelten auch für Betriebsräte!“
Am Samstag, den 17.10.2020, fand im Mannheimer Gewerkschaftshaus die 7. bundesweite Tagung „Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.” statt. Aufgrund der strikten Einhaltung der geltenden Gesundheitsschutzregeln war das Platzangebot zahlenmäßig begrenzt. Es konnten dennoch achtzig Menschen aus verschiedenen Branchen und Regionen teilnehmen.
Unter Ausnutzung der „Corona-Krise“ gehen Geschäftsführungen und ihre professionellen Helfershelfer verstärkt mit „Verdachtskündigungen” sowie der Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes gegen engagierte Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen vor. In der Folge kommt es bei Betroffenen sehr oft zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbsttötungsversuchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Probleme.
In der Öffentlichkeit werden diese Machenschaften bisher jedoch nach wie vor kaum wahrgenommen.
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Tagung war die Suche nach Strategien zur erfolgreichen Verteidigung und Stärkung der gesetzlich verbrieften Rechte von demokratisch gewählten Interessenvertretungen.
Lars Treusch (DGB Region Nordbaden) erläuterte in seinem Grußwort die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er betonte den Willen des DGB, wirksamer gegen die fortgesetzten Rechtsbrüche durch die Mobbing-Branche vorzugehen.
Carl-Friedrich Bossert (IG Metall-Vorstand) referierte zum Thema „Taskforce / Anlaufstelle gegen BR-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung – ein schöner Traum?“ Die IG Metall ist die mit rund 2,2 Millionen Mitgliedern größte Einzelgewerkschaft im DGB. Sie hat vor fünf Jahren begonnen, die Analyse und die organisierte Abwehr von BR-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung konkret zu entwickeln.
Alexander Mohrlang ebenfalls vom IG Metall-Vorstand in Frankfurt setzte sich mit der Frage „Organizing – wirksames Mittel der Gegenwehr?“ auseinander. Er unterstrich die Notwendigkeit einer aktivierenden und organisierenden Gewerkschaftsarbeit im Betrieb und darüber hinaus, um demokratische Rechte verteidigen und gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit durchsetzen zu können.
Dr. Dietrich Growe (Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Mannheim) stellte Vorschläge für ein erfolgreiches juristisches Handeln gegen BR-Mobbing zur Diskussion. Er konnte praxiserprobte Antworten auf die Frage „Rechtliche Strategien – was tun?“ anbieten. Sie verdienen eine viel größere Beachtung im Bereich des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes als bisher.
Mit einer weiteren wichtigen Fragestellung – „Gegen BR-Mobbing – wie erfolgreich handeln?“ – befasste sich eine Podiumsrunde. Vertreterinnen und Vertreter der bundesweiten Vernetzung gegen BR-Mobbing tauschten ihre Erfahrungen in Zeiten der Pandemie aus. Sie suchten zudem nach Wegen zur noch besseren Zusammenarbeit auf bundesweiter Ebene.
In den Plenumsdiskussionen berichteten Teilnehmende sowohl über erschreckende Beispiele der Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlich Aktiven als auch über die erfolgreiche Abwehr solcher Angriffe.
Eine einstimmig verabschiedete Entschließung kritisiert, dass für „Politik, Medien und Justiz die kriminellen Machenschaften der BR-Mobber und Gewerkschaftsfeinde in der Regel kein Thema“ seien. Auch gesellschaftspolitisch seien „die Folgen von BR-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung verheerend. Das ‚Recht des Stärkeren‘ gilt zunehmend als ‚normal‘. Es verdrängt Grundrechte und Betriebsverfassungsgesetz.“
Organisiert wurde die Tagung vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ in Kooperation mit IG Metall Mannheim sowie AKUWILL Oberhausen, DGB Baden-Württemberg, IG BCE Weinheim, OKG – „Organisieren-Kämpfen-Gewinnen“, Überbetrieblichem Solidaritätskomitee Rhein-Neckar, ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.
Am 16. Oktober 2021 soll die 8. Bundeskonferenz „BR im Visier“ in Mannheim stattfinden.