Die Katholisches Klinikum Oberhausen GmbH (KKO), der größte lokale Gesundheits- und Pflegeanbieter, ist insolvent. Viel ist nun von der nötigen Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern die Rede. Dass die wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch die „Verschlankung“ des KKO nicht gefährdet wird, wird dagegen einfach vorausgesetzt. Der Verlust von Arbeitsplätzen ist angeblich unvermeidlich. Dagegen regt sich Widerstand. Ein Oberhausener Bündnis Gesundheit ist in Gründung.
Gesellschafter des KKO sind drei katholische Gemeinden und das Bistum Essen. Bereits im Februar 2019 verstörte die KKO-Leitung die Oberhausener*innen mit der Nachricht, dass es im St. Marien-Hospital keine chirurgischen Operationen mehr geben und ein seit Jahren geplantes Reha-Zentrum in Osterfeld doch nicht gebaut werden würde. Auch Politik und Verwaltung erfuhren erst aus der Zeitung davon. Von einer drohenden Insolvenz des KKO war damals nicht die Rede.
Dass Oberhausens größter Gesundheitsversorger erhebliche finanzielle Probleme hat, wurde erst Anfang Juli bekannt, als das KKO ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragte. Eine harte Sanierung wurde angekündigt, um „den Laden fit für die Zukunft zu machen“: Das KKO arbeite seit drei Jahren mit großen Verlusten und befinde sich in einer strukturellen Finanzkrise, verursacht durch die Krankenhäuser in der Gruppe. Die Schließung von Standorten steht seitdem im Raum.
Wie um ein strikt an wirtschaftlichen Interessen orientiertes, rigoroses Vorgehen der Insolvenzverwalter zu legitimieren, wurde kurz darauf die so genannte Analyse der Bertelsmannstiftung veröffentlicht. In dieser „Studie“ zu einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung werden Behauptungen wiederholt, wie sie in den vergangenen Jahren immer wieder von neoliberaler Seite vorgebracht wurden. Nur wird diesen jetzt der Anschein von Wissenschaftlichkeit gegeben, ohne dass das Werk diesen Anspruch einhalten würde. Demnach soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung besser werden, wenn 800 der derzeit rund 1.400 Krankenhäuser in Deutschland geschlossen werden: kleinere Kliniken, die angeblich generell fachlich nicht mit Großkliniken mithalten und zudem nicht „kosteneffizient“ arbeiten können.
Zeit zu handeln
Aufgrund dieser Nachrichten lud DIE LINKE Oberhausen Ende Juli zu einem Info- und Aktionsabend ein. Referent bei dieser Veranstaltung war Tobias Michel, ehemaliger Krankenpfleger und Betriebsrat, heute unter anderem Ausbilder für betriebliche Interessenvertreter*innen bei der Gewerkschaft ver.di.
Diskutiert wurde darüber, wie absurd es ist, dass sich die Existenz von Kliniken vorwiegend an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren soll und nicht am Bedarf der Bevölkerung. Am Beispiel der zum Fresenius-Konzern gehörenden Helios-Kliniken räumte Tobias Michel mit der Vorstellung auf, dass die Gewinne privatisierter Krankenhäuser in die Qualität der Versorgung der Patient*innen investiert würden. Tatsächlich flossen die – im Wesentlichen auf Kosten der Krankenhausbeschäftigten erzeugten und stetig steigenden – Gewinne komplett in die Taschen der Aktionär*innen.
Die Information, dass die Stadt Oberhausen keine Entscheidungsbefugnis darüber hat, wo in Oberhausen welche Krankenhausbetten vorgehalten werden, löste bei den Teilnehmer*innen großes Befremden aus. Tatsächlich gibt es überhaupt keine vorausschauende staatliche Bedarfsplanung für die Gesundheitsversorgung. Krankenhausgesellschaften und Krankenkassen verhandeln vielmehr miteinander, um die jeweils aktuelle Nachfrage nach Krankenhausbetten zu befriedigen. Der Prozess wird lediglich moderiert – von der Bezirksregierung in Düsseldorf.
An der Veranstaltung nahmen auch einige Mitglieder des Essener Bündnisses für mehr Personal im Krankenhaus teil. Sie schlugen vor, ein Bündnis, wie es Vergleichbare in vielen Städten gibt, auch in Oberhausen zu gründen. Tatsächlich gab es genügend Interessierte, um ein Gründungstreffen ca. drei Wochen später zu organisieren.
Die beste Zukunftsoption?
Noch vor dem Treffen wurden die Sanierungspläne der Insolvenzverwalter des KKO bekannt: Das zur Gruppe gehörende St. Josef-Hospital in Alt-Oberhausen soll geschlossen werden: Es hat die schlechteste Bausubstanz. Das St. Marien-Hospital in OB-Osterfeld, das St. Clemens Hospital in OB-Sterkrade, drei Altenheime, drei Pflegedienste und drei Hospize stehen zum Verkauf an den oder die Meistbietenden. 240 Arbeitsplätze sollen vernichtet werden.
Die Kolleg*innen des KKO sind empört über die anstehenden Entlassungen. Verdi kritisiert insbesondere, dass auch betriebsbedingte Kündigungen erfolgen sollen, und fordert vom KKO, sich seiner sozialen Verantwortung zu stellen. Die Insolvenzverwalter bezeichnen die Kündigungen als unvermeidlich und versprechen, dass das Klinikum gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. Die Kirche verteidigt das Aus für das St. Josef Hospital und rechtfertigt ihren Rückzug aus dem KKO mit ihrer eigenen Inkompetenz. Patient*innen sind verunsichert, Erfahrungen mit langen Wartezeiten auf einen Untersuchungstermin oder ein Krankenhausbett lassen die behauptete Überversorgung der Oberhausener Bevölkerung wenig glaubwürdig erscheinen.
Dass Kostendruck und Investitionsstau eine Folge der politisch gewollten Kommerzialisierung der Krankenhäuser sind und mit der Einführung von Fallpauschalen und der Unterfinanzierung von Investitionskosten zusammenhängen, kommt in der öffentlichen Debatte kaum vor.
Die Beschäftigten des KKO in ihrem Kampf um ihre Arbeitsplätze unterstützen, sich gegen die drohende Privatisierung des Klinikums oder seiner Teile wehren, die Planung des Bedarfs in Oberhausen für Oberhausen und kommunale Krankenhäuser fordern: Das sind wesentliche Aufgaben, die sich das Oberhausener Bündnis für menschenwürdige Gesundheitsversorgung gestellt hat. Dessen Gründung wurde am 20. August beschlossen.
Den Initiator*innen ist es wichtig, dass das Bündnis breit getragen wird: von Beschäftigen in den Krankenhäusern, Gewerkschafter*innen, politisch Aktiven, Angehörigen und potentiellen Patient*innen – also von Menschen aus vielen unterschiedlichen Bereichen, die die genannten Anliegen teilen.
Darum wird es noch eine weiter bekannt gemachte, offizielle Gründungsveranstaltung geben:
Am Dienstag, den 17. September um 18:00 im Willi-Haumann-Saal im Oberhausener Gewerkschaftshaus.