Ernst Kochanowski
Radfahren im Ruhrgebiet, besonders aber in Oberhausen, ist wie Angeln mit Leimruten: Oberflächlich und aus der Ferne betrachtet scheint es völlig normal, aber genauer hingeschaut ist dies doch eher befremdlich.
So verwundert es auch den Beobachter nicht weiter, wenn die Radfahrenden null Komma Prozente des Straßenverkehrs ausmachen. Dumme und gefährliche Fortbewegung hat wenig Fans.
Allerdings fahren die Leute hier auch Auto wie blöd. HmmHmmHmm! Also doch bloß mehr Angst als Verstand – man weiß ja, wie man selbst fährt?
Jedenfalls für unsere Straßen- und Verkehrsplaner*innen scheint diese Einstellung geradezu eine Berufsvoraussetzung zu sein. Die Angst vor Einschränkungen des explosionsmotorgetriebenen Fortkommens macht sich auf allen Wegen für den sanften Verkehr bemerkbar:
Buswartehäuschen werden so platziert, dass Wartende gar nicht anders können als hinderlich zu sein für Räder und Fußgänger*innen. Und dann noch Bettel-Ampeln, die ihrem Namen durch ewig lange Umschaltphasen übergroßzügig gerecht werden. Auch gibt es diese vermaledeiten Radwege, welche, weil sie der StVO, der Straßenverkehrsordnung, Hohn sprechen, NICHT als solche beschildert sind. Werden sie benutzt, ist dies also dem Fahren auf Gehwegen gleich zu setzen.
Viele Kilometer des viel gelobten Radwegenetzes in Oberhausen bestehen aus diesen Phantomwegen. Aber die Sorge um Benachteiligung der Krachfeinstaubstinke-Mobilität veranlasst die Behörden, die noch unverdrossenen Radler*innen StVO-widrig mittels Auftragen von schönen weißen Leit(d)linien nebst ebensolchen Fahrradsymbolen auf diese Wege zu locken. Dies führt als „schwarze Pädagogik“ zu dem Erziehungsziel „Radler*innen auf die Gehwege!“. Auch auf kaum autofrequentierten Nebenstraßen ist dies allgemein zu beobachten. Um so ärgerlicher, weil oft die Fußwege wegen parkender Höllenmaschinen eh nur ein Hintereinandergehen gestatten.
Der Verfasser fährt seit vielen Jahren ausschließlich mit dem Fahrrad durch Oberhausen, aber einen durchgehend benutzbaren Radweg hat er noch nicht gesehen. Abgestellte Karren, Linienführung um Diverses wie Parkbuchten und Masten jeglicher Art, Buswartehäuschen, Baumwurzeln, marodes Pflaster und Gehwege, die so schmal sind, dass zwei nebeneinander Gehende auch noch den Radweg mit benützen müssen, bremsen, verzögern und gefährden ein Fortkommen. Sogar fast alle der wunderbaren Trassenwege sind nur wunderbar, weil sie, vielleicht mangels Anschluss an das Straßennetz, wenig benützt werden. Für größeren Verkehr in beide Richtungen mit Spazierenden, Kindern und Hunden sind sie definitiv nicht gestaltet.
Und jetzt kommt ein Knaller:
Oberhausen hat wegen einiger Ampeln, welche den Radverkehr zuvorkommend behandeln, für diese unglaublich tolle Fahrradverkehrspolitik einen Preis bekommen. Und dann praktisch noch einen zweiten, weil auch das ganze Ruhrgebiet für seine Radwege ausgezeichnet wurde.
Und noch ein Knaller, der auch hierzu passt:
Die Nachbarstadt Mülheim will den ÖPNV ausdünnen. Um zu sparen, und, weil diese Stadt so hervorragend an den Individualverkehr angebunden ist. Auch Oberhausen ist von dieser unzeitgemäßen Verkehrswende betroffen. Der Takt der Tram 112 soll vor 6 und nach 17:30 Uhr erheblich ausgedünnt werden.
Die Gesundheitsbelastungen des darob gesteigerten motorisierten Verkehrs tragen ja die Krankenkassen, und die Toten werden erst gar nicht beachtet. Dass unsere Bahnchefs seit vielen Jahren aus der Autoindustrie kommen und deren Politik machen, reicht wohl noch nicht. Mannomann – was für eine Bande!
Im Übrigen bin ich der Meinung, Greta hat recht, und auch F4F ist in dieser Zeit wichtiger als alle Preise, und alles Autoundsoweiterwiebisher-Denken auf dem gesamten Globus ist zu ändern.