Wessen Recht ist das Recht?
P.S.
Stell dir vor, du hast dich jahrelang – vielleicht viele Jahre – für „dein“ Unternehmen ins Zeug gelegt. Doch auf einmal ist dein Einsatz nicht mehr gefragt. Du bist „zu teuer“ (Tarifvertrag!), hast „zu viele Rechte“ (schwerbehindert!) und / oder bist renitent (Gewerkschaftsmitglied!). Und mit einer hanebüchenen Begründung und einem Fußtritt wirst du vor die Tür gesetzt.
Dieser Blitz aus scheinbar heiterem Himmel kann die Folge der Umstrukturierung „deines“ Unternehmens sein, zum Beispiel nach seinem Verkauf. Du klagst gegen diese Schweinerei vor dem Arbeitsgericht – und gewinnst: Deine Kündigung ist unwirksam.
Jedoch hast du davon erst einmal nichts, denn das Unternehmen geht in Berufung. Weitere Monate ziehen ins Land bis zur Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht.
Dieses Verfahren gewinnst du auch. Aber: Die Revision ist zugelassen.
Seit deiner – wie die Gerichte festgestellt haben – unzulässigen Kündigung ist inzwischen mehr als ein Jahr vergangen. Und wann du zu deinem Recht kommst, ist nicht absehbar. Absehbar ist dagegen, dass du in Hartz IV landest, mit allen damit verbundenen Folgen.
„Dein“ Unternehmen und dessen Verantwortliche, die doch in zwei Instanzen verloren haben, können dagegen entspannt der Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht entgegen sehen, die in vielleicht einem halben Jahr stattfinden wird. Auf Empfehlung ihres Anwalts drohen sie dir schon einmal damit, dass sie gegebenenfalls auch noch vor dem Europäischen Gerichtshof klagen werden.
Vergleichbares erleben immer mehr KollegInnen (nicht nur) in Deutschland. Auch die Altbeschäftigten vom Möbelhaus Rück in Oberhausen haben auf solche Weise am eigenen Leib erfahren, was der Spruch tatsächlich bedeutet: „Das herrschende Recht ist das Recht der Herrschenden“. Sie haben sich gewehrt, und am Ende wurde ihrem Widerstand durch ein spätes Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen der Boden entzogen.