Der Rat der Stadt Oberhausen hat erneut die Erwartung enttäuscht, dass von diesem Gremium wichtige Impulse ausgehen und drängende Probleme wirkungsvoll angegangen werden. Auch Klimaschutz bleibt also Handarbeit – und findet auf der Straße statt.
ISO Oberhausen & Freund*innen
Schon im Februar dieses Jahres hat der Stadtrat die Unterstützung der Initiative Seebrücke abgelehnt. Mit der Annahme eines belanglosen Gegenantrags von CDU und SPD hat eine Ratsmehrheit verhindert, dass Oberhausen gemeinsam mit damals 43 anderen deutschen Städten ein Zeichen gegen die Unmenschlichkeit setzt und für die Beendigung des Sterbens im Mittelmeer und die Kriminalisierung ziviler Seenotrettung eintritt. Inzwischen sind 72 Städte allein aus Deutschland bei der Seebrücke dabei.
Bei der Ratssitzung am 8. Juli ging es erneut um eine existenzielle Frage mit hohem Handlungsbedarf. Wie bei der Seebrücke gab es einen sowohl im Rat als auch von außerparlamentarischen Initiativen breit getragenen Antrag, der erneut zugunsten eines unverbindlichen Gegenantrags von CDU und SPD abgelehnt wurde. Mit den Stimmen von SPD (23), CDU (20), FDP (2) und BOB (2).
Mit der Bezeichnung der aktuellen Lage als „Klimanotstand“ hatten diese Ratsmitglieder erklärtermaßen Probleme. Mit dem fortschreitenden Klimawandel an sich und seinen katastrophalen Folgen können sie aber offenbar ganz gut leben.
Andrea Berg von Parents for Future Oberhausen beschreibt in ihrem Artikel anschaulich, was für eine trostlose Debatte seitens der Ratsmehrheit geführt wurde. Und mit was für einer flachen Begründung die Mehrheit der Mitglieder des Gremiums sich weigert, wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz einzuleiten. Klimaschutz ist konkret, oder er ist gar nicht.
Fehlender Mut – oder fehlender Wille?
Ihre Einschätzung, dass es der Mehrheit der Ratsmitglieder an Mut fehle, teilen wir allerdings in dieser Form nicht.
Es kann schon sein, dass es den Betreffenden auch an Mut mangelt: Dass sie Angst haben, ihren Blickwinkel zu erweitern und ihre alten Gewissheiten zu verlieren; Angst haben vor dem Verlust von Ansehen, wenn sie sich gegen ihr soziales Umfeld positionieren.
Ist es aber nicht eher so, dass sie lediglich ihre Prioritäten anders setzen? Weil sie sich nicht in erster Linie von der Frage „Wie unsere Lebensgrundlagen erhalten?“, sondern von der kapitalistischen Logik leiten lassen?
Was Andrea Berg hier schreibt, deutet in diese Richtung:
„Im Änderungsantrag selbst ist trotz aller Änderungen deutlich formuliert: ‚… dass der von Menschen verursachte Klimawandel gravierende Auswirkungen verursacht – bis hin zu einer möglichen Klimakatastrophe, die das Leben auf unserem Planeten gefährdet …’ Dennoch stellen SPD und CDU die bereits unternommenen Anstrengungen in den Vordergrund und verweisen auf die Kosten – ‚Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif’– so der Änderungsantrag zugespitzt.“
Mit anderen Worten: Klimaschutz ist für diese Leute dann in Ordnung, wenn er keine Profite gefährdet. Und wenn die große Mehrheit, die keinen Anteil an den Profiten hat, dafür zahlt. Noch besser funktioniert nach dieser Logik Klimaschutzpolitik, wenn darüber sogar neue Möglichkeiten entstehen, Profite zu erzeugen. Zum Beispiel, wenn Autofahrer*innen mangels funktionierendem ÖPNV gezwungen werden, klimaschädliche PKW zu ersetzen durch weniger klimaschädliche PKW durch noch weniger klimaschädliche PKW.
Keine Rolle spielt in dieser Logik, dass schnell Maßnahmen ergriffen werden, um dem Klimawandel effektiv entgegenzuwirken. Und ebenfalls keine Rolle spielt die Lebensqualität der Mehrheit der Menschen hier und schon gar nicht anderswo in der Welt, die unter den Folgen des Klimawandels zunehmend leiden.
Bei den Konsequenzen aus der Ratsentscheidung sind wir voll bei Andrea Berg bzw. bei Fridays for Future und Parents for Future Oberhausen: Dranbleiben und die Oberhausener Politik in die Pflicht nehmen!
Denn wir selbst sind die, auf die wir gewartet haben.