W. A.
Am Samstag, den 19.10.2019, fand im Mannheimer Gewerkschaftshaus die 6. bundesweite Tagung „Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.” statt. Rund einhundert Menschen aus sehr unterschiedlichen Bereichen nahmen an der Konferenz teil.
Mit „Verdachtskündigungen”, mit Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird zunehmend gegen engagierte Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeitervertretungen vorgegangen. In der Folge kommt es bei Betroffenen zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbstmordversuchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Probleme.
Diese skandalösen Rechtsbrüche haben Unternehmensleitungen und ihre Helferhelfer in spezialisierten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Detekteien zu verantworten.
Bedrohliche Entwicklung
In der Öffentlichkeit wird diese bedrohliche Entwicklung bisher jedoch kaum wahrgenommen.
Auf der Konferenz kamen aktuelle Beispiele der Betriebsrats- und Gewerkschaftsbekämpfung in Deutschland zur Sprache. Ein Schwerpunkt war jedoch vor allem die Diskussion über eine erfolgreiche Abwehr des Betriebsrats-Mobbings und die Stärkung von gewerkschaftlicher Gegenmacht.
Julia Friedrich (Bezirksgeschäftsführerin des DGB Baden-Württemberg) erläuterte die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Sie unterstrich die Notwendigkeit, gegen die fortgesetzten Rechtsbrüche seitens der Mobbing-Branche vorzugehen.
Isaf Gün und Heike Madan vom IG Metall-Vorstand in Frankfurt referierten zum Thema „Die IG Metall - aktiv gegen Mobbing von Betriebsräten”. Die mit 2,3 Millionen Mitgliedern größte Einzelgewerkschaft des DGB hat vor vier Jahren begonnen, sich kontinuierlich mit Analyse und Abwehr von BR-Mobbing und Gewerkschaftsbekämpfung zu beschäftigen.
Klaus Stein (1. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim) setzte sich mit der Frage „Was macht die Gewerkschaft vor Ort?” auseinander. Er betonte die Notwendigkeit einer aktiven und aktivierenden Gewerkschaftsarbeit, um demokratische Rechte und gewerkschaftliche Handlungsfähigkeit in Unternehmen verteidigen zu können.
Oliver Thünken (Technische Universität Chemnitz) stellte erste Ergebnisse aus dem laufenden Forschungsprojekt „Kampf um die Mitbestimmung” vor. Die Studie belegt wissenschaftlich, wie durch systematische und frühzeitige Unterstützung der Betroffenen Angriffe auf Interessenvertretungen erfolgreich abgewehrt werden können.
Vorschläge für Gegenwehr
Weitere Themen der Versammlung waren konkrete Vorschläge für eine wirksame Gegenwehr im Betrieb und ein intensiver Erfahrungsaustausch über den erfolgreichen Aufbau von Netzwerken gegen BR-Mobbing.
Eine einstimmig verabschiedete Entschließung kritisiert, dass „Politik, Medien und Justiz […] sich nur in seltenen Ausnahmefällen mit dem illegalen Treiben der Branche der BR-Mobber und Gewerkschaftsgegner” befassten. Diese fühlten sich dadurch „in ihrem kriminellen Verhalten bestärkt”.
Und weiter heißt es: „Zum einen werden demokratisch gewählte betriebliche Interessenvertretungen von vorneherein verhindert. Zum anderen wird die Arbeit bereits existierender Gremien bewusst gestört und in der Konsequenz unmöglich gemacht. Damit verbunden sind in der Regel Angriffe auf die gewerkschaftliche Organisierung am Arbeitsplatz, auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und auf die Tarifbindung.”
Da solche Rechtsbrüche meist ungeahndet blieben, wagten „viele Aktive in der Folge nicht oder nicht mehr, sich für ihre verbrieften demokratischen Grund- und Menschenrechte einzusetzen. Das ‚Recht des Stärkeren‘ wird zu einer Alltagserfahrung. Es gilt immer mehr als ‚Normalität‘ – nicht nur am Arbeitsplatz, sondern zudem auch in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft.”
Organisiert wurde die spannende Konferenz vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ in Kooperation mit IG Metall Mannheim sowie AKUWILL Oberhausen, DGB Baden-Württemberg, IG BCE Weinheim, Überbetrieblichem Solidaritätskomitee Rhein-Neckar, ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.
Am 17.10.2020 soll eine weitere Folgekonferenz in Mannheim stattfinden.