Ralf Hoffmann
Ein Gespenst geht um: Die Forderung nach ENTEIGNUNG von Wohnungsgesellschaften.
Ein Gespenst jedenfalls für das Bürgertum, ihre Presse und „sozialen“ Netzwerken. Aber warum denn nur?
Dass es in vielen Städten zu einer katastrophalen Lage auf dem Wohnungsmarkt kommen konnte, liegt auch am Privatisierungswahnsinn der Kommunen bzw. des öffentlichen Sektors überhaupt.
Kapitalfonds kaufen zuhauf auch mit öffentlichen Geldern Wohnraum auf. Mieten werden erhöht und Mieter*innen vertrieben, um höhere Profite zu erzielen. In Berlin, München und anderen Großstädten ist dies besonders auffällig.
Die großen Wohnungsbauträger und Wohnungsgesellschaften enteignen also täglich Hunderttausende von Mieter*innen, indem sie ihnen das Recht auf Wohnen nehmen. Sie bauen und vermieten nicht, um bezahlbaren Wohnraum für alle anzubieten, sondern für den größtmöglichen Profit. Milliardenschwere Konzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems.
Die Reaktion Betroffener, zum Beispiel die Gründung der Initiative zur Enteignung der Deutsche Wohnen in Berlin, geht in die richtige Richtung. Ihre Forderung ist schlicht die Wahrung des Menschenrechts auf bezahlbaren und lebenswerten Wohnraum.
Dabei bezieht sich die Initiative auf die im Grundgesetz in den Artikeln 14 und 15 stehende Möglichkeit der Enteignung (siehe Seite 2).
Weder die Angst der braven Bürger: „Die DDR kommt wieder!“ noch die der beschränkten neoliberalen Betonköpfe: „Das muss der Markt regeln!“ wird den systembedingten Zwang zu Ausbeutung und Profitmaximierung in der Wohnungswirtschaft aufheben.
Dabei ist unsere ENTEIGNUNG doch bereits alltäglich! Äcker und ganze Dörfer werden dem Braunkohletagebau, Flächen dem Fetisch Auto und Menschenrechte mittels der Hartz-Gesetze geopfert. Und wenn wir schon darüber reden, warum dann nicht auch über die tägliche Enteignung in mies bezahlten, prekären Arbeitsverhältnissen, wo durch Arbeitsverdichtung und Union Busting die Arbeit „effizienter“ gestaltet, also immer mehr Profite abgepresst werden?
Aber Enteignung und Verstaatlichung alleine reichen nicht aus. Die Wohnungen und die Wohnungsbaupolitik müssen darüber hinaus unter die demokratische Kontrolle der Kommunen und der Mietenden gestellt werden. Dieses wird nur durch Solidarität mit den Betroffenen und eine breite außerparlamentarische Bewegung zu schaffen sein.
Artikel 14 GG
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Artikel 15 GG
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.