Isra­el-Che­mi­cals-Limi­t­ed – Nichts Neu­es im Südwesten

Isra­el-Che­mi­cals-Limi­t­ed – Nichts Neu­es im Süd­wes­ten II

Seit Ende April 2014 weh­ren sich die Beschäf­tig­ten der ICL-PP Laden­burg und Lud­wigs­ha­fen (vor­mals BK Giu­li­ni) gegen die Zer­schla­gung des Lud­wigs­ha­fe­ner Stand­or­tes und die Arbeits­platz­ver­nich­tung an bei­den Stand­or­ten durch den Auf­bau eines Shared Ser­vice Cen­ters in Ams­ter­dam (sie­he Avan­ti Juni und Juli/August). Jetzt konn­ten wir ein neu­er­li­ches Inter­view mit dem Betriebs­rats­vor­sit­zen­den Georg Selin­ger führen.

Avan­ti²: Es gab in die­ser Woche (am 18. und 19.08.2014, die Red.) an den bei­den Stand­or­ten nach vier­wö­chi­ger Pau­se wie­der Tor­ak­tio­nen. Wie­so habt Ihr Pau­se gemacht?
Georg: Wir haben seit Ende April regel­mä­ßig 14-tägi­ge Aktio­nen an den bei­den Stand­or­ten. Ledig­lich am 05. Mai als der Kon­zern­chef zu einer Ver­samm­lung ein­ge­la­den hat­te gab es eine gemein­sa­me Akti­on bei­der Stand­or­te. Es war Zeit, wie­der gemein­sam und standort­über­grei­fend für unse­re Inter­es­sen ein­zu­tre­ten und wenn mög­lich, die aktu­el­le Situa­ti­on zu dis­ku­tie­ren. Wir haben also am 22. Juni eine Betriebs­ver­samm­lung orga­ni­siert, die auf­grund der gro­ßen Zahl von Rede­bei­trä­gen am 07. August fort­ge­setzt wer­den muss­te. Und auch der zwei­te Teil konn­te nicht been­digt wer­den und wur­de erneut unter­bro­chen. Wir hat­ten also nur nach außen hin Pau­se gemacht. Im Betrieb gab es kei­ne Pau­se. Da haben wir viel dis­ku­tiert und organisiert.

Avan­ti²: Wie ver­lie­fen die von dir erwähn­ten Ver­samm­lun­gen?
Georg: Die­se Ver­samm­lun­gen waren hoch­emo­tio­nal und getra­gen von nahe­zu sämt­li­chen Mit­glie­dern des Betriebs­ra­tes und vie­len „nor­ma­len“ Beschäf­tig­ten. Der Höhe­punkt war für vie­le der Bei­trag zwei­er Kol­le­gin­nen. Die­se for­der­ten zum Ende ihres Bei­tra­ges die­je­ni­gen unter den Anwe­sen­den, die so fühl­ten wie sie, auf, zum Rede­pult zu kom­men. Tat­säch­lich kamen nahe­zu alle Anwe­sen­den nach vor­ne. Ein­zel­ne ver­lie­ßen den Ver­samm­lungs­ort, um sich nicht posi­tio­nie­ren zu müs­sen. Am Ende blie­ben nur Weni­ge, im Wesent­li­chen Lei­ten­de Ange­stell­te bzw. Unter­neh­mens­ver­tre­ter, sit­zen. Die­ses Zei­chen von gemein­sa­mer Betrof­fen­heit, Geschlos­sen­heit und Soli­da­ri­tät war doch für alle sehr bewe­gend. Kurz­um, die Ver­samm­lun­gen waren unse­rer Mei­nung nach erfolg­reich, aber jetzt ist es wie­der an der Zeit sich öffent­lich zu zeigen.

Avan­ti²: War nach den Betriebs­ver­samm­lun­gen die Betei­li­gung an den Tor­ak­tio­nen stär­ker?
Georg: Nein. In Lud­wigs­ha­fen waren wir rund 100 und in Laden­burg rund 50 Kol­le­gIn­nen. Ich habe aber auch nicht wirk­lich mit viel mehr gerech­net. Wir befin­den uns im Moment in der Haupt­ur­laubs­zeit. Zudem ist Laden­burg, wie ich euch das letz­te Mal schon gesagt habe, vom der­zei­ti­gen Kon­zern­um­bau völ­lig anders betrof­fen und wird nicht ver­kauft, son­dern soll „aus­ge­baut“ wer­den. Was davon am Ende Wirk­lich­keit wird, wer­den wir sehen. Aber natür­lich ste­hen daher die Laden­bur­ger Beschäf­tig­ten weit weni­ger unter Druck. Das gilt eigent­lich nicht für die Kauf­leu­te. Deren Arbeits­plät­ze wer­den durch das Ams­ter­da­mer Shared Ser­vice Cen­ter mas­siv bedroht. Aller­dings nicht sofort, son­dern inner­halb der kom­men­den 3 Jah­re. Der­zeit neh­men aus die­sen Berei­chen nur Weni­ge an unse­ren Aktio­nen teil. Wahr­schein­lich hof­fen die meis­ten von ihnen, dass es doch irgend­wie wei­ter geht und es bes­ser ist, jetzt nicht aufzufallen.

Avan­ti²: Wie agiert oder reagiert die Unter­neh­mens­füh­rung?
Georg: Am Tag vor der zwei­ten Ver­samm­lung hat die Unter­neh­mens­füh­rung ange­bo­ten, über einen ein­jäh­ri­gen Ver­zicht von betriebs­be­ding­ten Kün­di­gun­gen für die nicht ver­kauf­ten Kol­le­gIn­nen am Stand­ort Lud­wigs­ha­fen zu ver­han­deln. Nach den Ver­samm­lun­gen war die Unter­neh­mens­füh­rung ziem­lich genervt und hat dem Betriebs­rat unter ande­rem vor­ge­wor­fen, die im Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz for­mu­lier­te „ver­trau­ens- vol­le Zusam­men­ar­beit“ zu miss­ach­ten. Der Betriebs­rat hät­te mit per­sön­li­chen Angrif­fen die „rote Linie“ über­schrit­ten. Die Unter­neh­mens­füh­rung will vom Betriebs­rat jetzt Koope­ra­ti­on statt Kon­fron­ta­ti­on und hat uns öffent­lich zu Ver­hand­lun­gen auf­ge­for­dert. Was das in Zukunft bedeu­tet, kann ich der­zeit noch nicht sagen.

Avan­ti²: Wie geht Ihr mit dem Ange­bot des Kün­di­gungs­ver­zichts um? Georg: Das Ange­bot des ein­jäh­ri­gen Ver­zichts auf betriebs­be­ding­te Kün­di­gun­gen ist mei­ner Mei­nung nach völ­lig unzu­rei­chend, weil es zu vie­le Fra­gen offen lässt. Zum Bei­spiel wol­len wir, dass die poten­ti­el­len Käu­fer ver­pflich­tet wer­den, in den Che­mie­un­ter­neh­mer­ver­band [BAVC, d. Red.] ein­zu­tre­ten und den Che­mie­ta­rif anzu­er­ken­nen. Wir wol­len, dass die Käu­fer ver­pflich­tet wer­den, unse­re Arbeits­plät­ze und unse­re bis­he­ri­gen tarif­li­chen und betrieb­li­chen Stan­dards abzu­si­chern usw..

Avan­ti²: Und wie ver­hal­tet Ihr euch zur Auf­for­de­rung, zu ver­han­deln?
Georg: Ver­han­deln woll­te der Betriebs­rat von Anfang an. Aller­dings nicht zu den Bedin­gun­gen des Unter­neh­mens. Wir for­der­ten zum Bei­spiel die früh­zei­ti­ge Ein­be­zie­hung bei allen Maß­nah­men und kei­ne Ent­schei­dung ohne unse­re Zustim­mung. Wir for­der­ten die Absi­che­rung aller Arbeits­plät­ze und der betrieb­li­chen und tarif­li­chen Stan­dards nicht zuletzt auch durch ent­spre­chen­de For­mu­lie­run­gen in den Ver­kaufs­ver­trä­gen. Dem­ge­gen­über haben die Unter­neh­mens­spre­cher immer wie­der lapi­dar erklärt, das sich letzt­end­lich um eine unter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung dre­he. Das soll­te letzt­end­lich wohl hei­ßen, dass unse­re For­de­run­gen völ­lig über­trie­ben wären und wir uns da nicht ein­zu­mi­schen hät­ten. Letz­te Woche hat der Betriebs­rat noch­mals beschlos­sen, ver­hand­lungs­be­reit zu sein. Die­sen Diens­tag [19.08.14, d. Red.] hat der Betriebs­rat einen Ver­ein­ba­rungs­ent­wurf ver­ab­schie­det, der genau die genann­ten Punk­te mit ICL fest­schrei­ben soll.

Avan­ti²: In unse­rem letz­ten Gespräch warst du unsi­cher, wie es wei­ter geht und was noch mög­lich ist. Hat sich dar­an nach rund zwei Mona­ten etwas geän­dert?
Georg: Nein, dar­an hat sich nichts geän­dert. Aber ich muss zuge­ben, dass ich vom Ablauf der bei­den Ver­samm­lun­gen und der Betei­li­gung unse­rer Kol­le­gIn­nen über­rascht war und nicht damit gerech­net hat­te. Den­noch, ob dies zum Schluss aus­reicht, um auf der Unter­neh­mens­sei­te Bewe­gung zu erzeu­gen, wird sich erst noch her­aus­stel­len. Eben­so, was zum Schluss unterm Strich her­aus­kommt. Ob uns aller­dings Zeit und Kraft blei­ben, wei­te­ren Wider­stand auf­zu­bau­en, weiß ich nicht. Das wer­den die nächs­ten Mona­te zei­gen. Schließ­lich will das Unter­neh­men den Ver­kauf so schnell als mög­lich über die Büh­ne brin­gen. Aber wir wol­len mit den Aktio­nen wei­ter machen und erst Ruhe geben, wenn wir wie­der Ruhe haben. 

Avan­ti²: Wei­ter­hin viel Erfolg und vie­len Dank für das Gespräch.   

Die Fra­gen für Avan­ti² stell­te U.D. am 22.08.2014.

aus der Ober­hau­se­ner Bei­la­ge zur Avan­ti 225, Sep­tem­ber 2014
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