Die Empfehlungen der sogenannten Kohlekommission werden in der medialen Öffentlichkeit als Konsens dargestellt. Dies bezieht sich allerdings nur auf das Abstimmungsergebnis, das lediglich eine Gegenstimme enthielt. Die Vertreter*innen der Umweltorganisationen und der Initiativen werden diesen Empfehlungen allerdings nur mit großen Bauchschmerzen zugestimmt haben.
Helmut Born
Dafür gibt es auch jede Menge Gründe. Nicht nur, dass es jeweils immer wieder Überprüfungen geben soll, sondern die Stilllegungen der Kraftwerke sollen auch im Konsens mit den jeweiligen Betreibern erfolgen. Dafür sollen die Konzerne auch noch massiv entschädigt werden. Es ist von 600 Millionen Euro pro Gigawatt Kraftwerksleistung die Rede, ganz gleich, ob ein Kraftwerk schon 5, 10, 20, 30 oder eventuell noch mehr Jahre Strom produziert hat. Wir halten diese Zahlungen an die Stromkonzerne für vollkommen überhöht und sind der Meinung, dass für längst abgeschriebene Kraftwerke keine Zahlungen geleistet werden sollen.
Positiv ist, dass es einen konkreten Plan für einen Kohleausstieg gibt. Der Zeitplan ist allerdings wenig ambitioniert und ist für die Erreichung des Ziels, die Erderwärmung auf + 1,5 Grad zu beschränken, nicht geeignet. Dafür hätte es eines Zeitplans bedurft, der 2020 mit den Stilllegungen der dreckigsten Kraftwerke beginnt und 2030 mit der Schließung des letzten endet. Aber dazu konnte sich die Kommission nicht durchringen. So ist im Wesentlichen der Zeitplan, der durch Pofalla schon im September an die Öffentlichkeit gelangte, verabschiedet worden.
Besonders vakant sind die Formulierungen zum Erhalt des Hambacher Waldes und zu den vom Abriss bedrohten Orten im Rheinischen Revier und in der Lausitz. Sie sind alles andere als eine eindeutige Stellungnahme für den Erhalt, sondern nur eine Bitte an die Verantwortlichen in Politik und Konzernen. Wie RWE mit dieser Bitte umgeht, erfahren die Bewohner*innen hautnah kurz nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Kommission, indem einfach weitere Fakten geschaffen werden. Deswegen gilt es weiterhin für den Erhalt des Hambacher Waldes und der Dörfer zu kämpfen. Auf die jeweiligen Landesregierungen kann dabei leider nicht gehofft werden, sie haben sich als treue Verbündete der Konzerne schon in der Vergangenheit diskreditiert.
Die große Frage bleibt: Was wird aus den Beschäftigten? RWE hat einen massiven Stellenabbau bis 2023 angekündigt. Wir fordern die Einrichtung einer Übernahmegesellschaft, die alle Beschäftigten, die nicht in den Ruhestand gehen, mit allen Rechten übernimmt. Das bedeutet, dass niemand entlassen und niemand arbeitslos wird. Außerdem sollten IG BCE und ver.di sich für eine massive Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden, bei vollem Lohnausgleich, einsetzen. So kann der Arbeitsplatzabbau weiter gestreckt werden. Wir sagen nicht nur, es darf niemand ins Bergfreie fallen, sondern wir fordern den Erhalt der Einkommen bis zum Bezug der Altersrente oder bis ein neuer Arbeitsplatz gefunden wurde. So wird es auch gelingen, die Beschäftigten für den Strukturwandel zu gewinnen und ihnen eine Perspektive zu bieten.
Für den Strukturwandel gibt es für die einzelnen Regionen verschiedene Gutachten und Vorschläge. Wir setzen uns für eine breite Beteiligung der Beschäftigten und der ansässigen Bevölkerung ein. Ein Strukturwandel wie im Ruhrgebiet, der den Konzernen und der Politik überlassen wird, ist wenig erfolgversprechend. Zumal ein Strukturwandel heute unter ganz anderen Voraussetzungen ablaufen wird. Es gilt eine CO2-freie Wirtschaft zu entwickeln und aufzubauen. Dabei sollte auch mehr auf die Gründung von öffentlichen Gesellschaften oder Genossenschaften gesetzt werden, da bei ihnen nicht das Profitstreben an erster Stelle steht. Deswegen finden wir den Vorschlag von Greenpeace Energie für das Rheinische Revier auch sehr gut, der vorsieht alle Beschäftigten und Kraftwerke zu übernehmen, um danach dort erneuerbare Energie, durch Wind und Sonne, zu gewinnen.
Der Kampf gegen den Klimawandel wird nur erfolgreich sein, wenn wir uns weiterhin einmischen. Es wäre gut, wenn die Gewerkschaften sich für den Erhalt der Lebensgrundlagen auf diesem Planeten einsetzen würden. Es gilt nach wie vor:
Auf einem toten Planeten gibt es keine Arbeitsplätze
Helmut Born ist Mitglied des verdi-Landesbezirksvorstandes NRW und der Initiative „Gewerkschafter*innen für Klimaschutz.