Koh­le­aus­stieg – zu spät und außer­dem ungewiss

Die Emp­feh­lun­gen der soge­nann­ten Koh­le­kom­mis­si­on wer­den in der media­len Öffent­lich­keit als Kon­sens dar­ge­stellt. Dies bezieht sich aller­dings nur auf das Abstim­mungs­er­geb­nis, das ledig­lich eine Gegen­stim­me ent­hielt. Die Vertreter*innen der Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen und der Initia­ti­ven wer­den die­sen Emp­feh­lun­gen aller­dings nur mit gro­ßen Bauch­schmer­zen zuge­stimmt haben.

 

Hel­mut Born

Dafür gibt es auch jede Men­ge Grün­de. Nicht nur, dass es jeweils immer wie­der Über­prü­fun­gen geben soll, son­dern die Still­le­gun­gen der Kraft­wer­ke sol­len auch im Kon­sens mit den jewei­li­gen Betrei­bern erfol­gen. Dafür sol­len die Kon­zer­ne auch noch mas­siv ent­schä­digt wer­den. Es ist von 600 Mil­lio­nen Euro pro Giga­watt Kraft­werks­leis­tung die Rede, ganz gleich, ob ein Kraft­werk schon 5, 10, 20, 30 oder even­tu­ell noch mehr Jah­re Strom pro­du­ziert hat. Wir hal­ten die­se Zah­lun­gen an die Strom­kon­zer­ne für voll­kom­men über­höht und sind der Mei­nung, dass für längst abge­schrie­be­ne Kraft­wer­ke kei­ne Zah­lun­gen geleis­tet wer­den sollen.

Gewerkschafter*innen für Klimaschutz bei der "Kohle stoppen – Klimaschutz jetzt!" Demo am 01.12.2018 in Köln. Foto: AvantiO.

Gewerkschafter*innen für Kli­ma­schutz bei der „Koh­le stop­pen – Kli­ma­schutz jetzt!” Demo am 01.12.2018 in Köln. Foto: AvantiO.

Posi­tiv ist, dass es einen kon­kre­ten Plan für einen Koh­le­aus­stieg gibt. Der Zeit­plan ist aller­dings wenig ambi­tio­niert und ist für die Errei­chung des Ziels, die Erd­er­wär­mung auf + 1,5 Grad zu beschrän­ken, nicht geeig­net. Dafür hät­te es eines Zeit­plans bedurft, der 2020 mit den Still­le­gun­gen der dre­ckigs­ten Kraft­wer­ke beginnt und 2030 mit der Schlie­ßung des letz­ten endet. Aber dazu konn­te sich die Kom­mis­si­on nicht durch­rin­gen. So ist im Wesent­li­chen der Zeit­plan, der durch Pofalla schon im Sep­tem­ber an die Öffent­lich­keit gelang­te, ver­ab­schie­det worden.

Beson­ders vakant sind die For­mu­lie­run­gen zum Erhalt des Ham­ba­cher Wal­des und zu den vom Abriss bedroh­ten Orten im Rhei­ni­schen Revier und in der Lau­sitz. Sie sind alles ande­re als eine ein­deu­ti­ge Stel­lung­nah­me für den Erhalt, son­dern nur eine Bit­te an die Ver­ant­wort­li­chen in Poli­tik und Kon­zer­nen. Wie RWE mit die­ser Bit­te umgeht, erfah­ren die Bewohner*innen haut­nah kurz nach Ver­öf­fent­li­chung der Ergeb­nis­se der Kom­mis­si­on, indem ein­fach wei­te­re Fak­ten geschaf­fen wer­den. Des­we­gen gilt es wei­ter­hin für den Erhalt des Ham­ba­cher Wal­des und der Dör­fer zu kämp­fen. Auf die jewei­li­gen Lan­des­re­gie­run­gen kann dabei lei­der nicht gehofft wer­den, sie haben sich als treue Ver­bün­de­te der Kon­zer­ne schon in der Ver­gan­gen­heit diskreditiert.

Die gro­ße Fra­ge bleibt: Was wird aus den Beschäf­tig­ten? RWE hat einen mas­si­ven Stel­len­ab­bau bis 2023 ange­kün­digt. Wir for­dern die Ein­rich­tung einer Über­nah­me­ge­sell­schaft, die alle Beschäf­tig­ten, die nicht in den Ruhe­stand gehen, mit allen Rech­ten über­nimmt. Das bedeu­tet, dass nie­mand ent­las­sen und nie­mand arbeits­los wird. Außer­dem soll­ten IG BCE und ver.di sich für eine mas­si­ve Arbeits­zeit­ver­kür­zung auf 30 Stun­den, bei vol­lem Lohn­aus­gleich, ein­set­zen. So kann der Arbeits­platz­ab­bau wei­ter gestreckt wer­den. Wir sagen nicht nur, es darf nie­mand ins Berg­freie fal­len, son­dern wir for­dern den Erhalt der Ein­kom­men bis zum Bezug der Alters­ren­te oder bis ein neu­er Arbeits­platz gefun­den wur­de. So wird es auch gelin­gen, die Beschäf­tig­ten für den Struk­tur­wan­del zu gewin­nen und ihnen eine Per­spek­ti­ve zu bieten.

Für den Struk­tur­wan­del gibt es für die ein­zel­nen Regio­nen ver­schie­de­ne Gut­ach­ten und Vor­schlä­ge. Wir set­zen uns für eine brei­te Betei­li­gung der Beschäf­tig­ten und der ansäs­si­gen Bevöl­ke­rung ein. Ein Struk­tur­wan­del wie im Ruhr­ge­biet, der den Kon­zer­nen und der Poli­tik über­las­sen wird, ist wenig erfolg­ver­spre­chend. Zumal ein Struk­tur­wan­del heu­te unter ganz ande­ren Vor­aus­set­zun­gen ablau­fen wird. Es gilt eine CO2-freie Wirt­schaft zu ent­wi­ckeln und auf­zu­bau­en. Dabei soll­te auch mehr auf die Grün­dung von öffent­li­chen Gesell­schaf­ten oder Genos­sen­schaf­ten gesetzt wer­den, da bei ihnen nicht das Pro­fit­stre­ben an ers­ter Stel­le steht. Des­we­gen fin­den wir den Vor­schlag von Green­peace Ener­gie für das Rhei­ni­sche Revier auch sehr gut, der vor­sieht alle Beschäf­tig­ten und Kraft­wer­ke zu über­neh­men, um danach dort erneu­er­ba­re Ener­gie, durch Wind und Son­ne, zu gewinnen.
Der Kampf gegen den Kli­ma­wan­del wird nur erfolg­reich sein, wenn wir uns wei­ter­hin ein­mi­schen. Es wäre gut, wenn die Gewerk­schaf­ten sich für den Erhalt der Lebens­grund­la­gen auf die­sem Pla­ne­ten ein­set­zen wür­den. Es gilt nach wie vor:

Auf einem toten Pla­ne­ten gibt es kei­ne Arbeitsplätze

Hel­mut Born ist Mit­glied des ver­di-Lan­des­be­zirks­vor­stan­des NRW und der Initia­ti­ve „Gewerkschafter*innen für Klimaschutz.

aus der Avan­tiO. Feb. 2019
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