Scherz, Sati­re, Fein­staub und höhe­rer Blödsinn

Jetzt also der gute alte Fein­staub. Nach­dem in vie­len Städ­ten auf gro­ßen Stra­ßen Fein­staub­mess­con­tai­ner instal­liert wur­den, konn­te der Fein­staub qua­si auch als Allein­pro­blem behan­delt wer­den. Durch unmaß­geb­li­che ärzt­li­che Mei­nung mit maß­geb­li­cher Hil­fe durch die Auto­lob­by wur­de nun ein „Gut­ach­te­no­id“ unters Volk gejubelt.

 

Ernst Kocha­now­ski

Was sehen wir also?
Man neh­me ein Pro­blem, tei­le davon eine Kom­po­nen­te ab, baue die­se zu einer „maß­geb­li­chen“ Grö­ße mit Allein­stel­lungs­merk­mal auf und las­se die­ses Pro­blem durch Fach­leu­te rela­ti­vie­ren oder lächer­lich machen. Und das Pro­blem ist weg.

Dass in dem Fall Fein­staub ein Fach­mann zwar Fach­mann ist für Ver­bren­nungs­mo­to­ren und lan­ge bei Daim­ler war, die ande­ren zwar Lun­gen­ärz­te, aber kei­ne Wis­sen­schaft­ler sind, war wohl wurscht. Auch, dass die­ses obsku­re, um nicht zu sagen kor­rup­te Gefäl­lig­keits­werk von 97 % aller ange­schrie­be­nen Fach­ärz­te nicht unter­schrie­ben wur­de, hat für den Ver­kehrt­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er kei­ne erkenn­ba­re Bedeu­tung. Im Gegen­teil, er will gleich die Grenz­wer­te von Fein­staub, Stick­oxi­den und Ein­schrän­kun­gen des Auto­ver­kehrs neu debattieren.

Letz­te­res ist aller­dings tat­säch­lich not­wen­dig. Jeden­falls das soge­nann­te Die­sel­fahr­ver­bot oder ande­re Maß­nah­men wie Kraft­stoff­prei­se. Bei­des trifft, wie prak­tisch, Leu­te mit wenig Geld und noch weni­ger Ein­fluss am hef­tigs­ten. Groß­ver­brauchs­li­mou­si­nen­fah­ren­de und SUV­ver­lieb­te Prot­ze­rin­nen und (häu­fi­ger) Prot­zer dür­fen mit der rich­ti­gen Pla­ket­te wei­ter­hin unse­re Städ­te platt­fah­ren. Auch wenn hin­ten ein Viel­fa­ches an CO2, NO2, Gestank und Fein­staub als bei einem Die­sel­ve­te­ran raus­kommt. Die Vie­len, wel­che zur Malo­che und nicht frei­wil­lig zu auch fer­nen Arbeits­plät­zen unter­wegs sein müs­sen, sol­len dafür auch noch mit Steu­er-, Neu­kauf- oder Still­le­gungs­zwang bestraft wer­den. Wer das Geld nicht hat, muss halt drau­ßen blei­ben. Oder ver­schul­det sich, protzt mit und hält den gan­zen Wahn­sinn „ Kei­ner kommt hier lebend raus“ mit am Laufen.

Jahr­zehn­te­lang wur­den unse­re Städ­te – nicht für Men­schen, son­dern für die Auto­in­dus­trie – „auto­ge­recht“ aus­ge­baut. Noch in unse­ren Tagen wird auf Dau­er­stau mit noch mehr Fahr­spu­ren, noch gigan­ti­sche­ren Auto­bahn­kreu­zen als Heil­mit­tel gesetzt.
Tat­säch­lich wis­sen­schaft­li­che Ana­ly­sen erga­ben zwar, dass mehr Fahr­bah­nen und mehr Stra­ßen­flä­chen auch mehr Autos anzie­hen, aber dies wird nur dahin­ge­hend berück­sich­tigt, dass mehr Autos gut für die Auto­bran­che sind.

In die­se Rich­tung den­ken die so Pla­nen­den selbst­ver­ständ­lich auch, wenn es zum Bei­spiel um den Schie­nen­ver­kehr geht. Nicht von unge­fähr hol­te man die Meis­ter für Ver­spä­tung und Zug­aus­fall, die DB Chefs, von Daim­ler. Was auch immer noch gran­di­os funk­tio­niert. Die berühm­ten wei­ßen Bal­ken auf den Zug­an­zei­gern in unse­ren Bahn­hö­fen bewei­sen es. Der mitt­ler­wei­le berüch­tig­te Herr Meh­dorn etwa wur­de sogar einem pro­fun­den und enga­gier­ten Spe­zia­lis­ten, näm­lich dem Bahn­chef der Schwei­zer Bun­des­bahn, vor­ge­zo­gen. In der Schweiz hat die­ser den Aus­bau des ÖPNV vor­an­ge­trie­ben. Heu­te gibt es dort flä­chen­de­ckend einen Bahn- und Bus­takt in fast jedes Dorf von unter einer Stun­de. Selbst in der „Metro­po­le Ruhr“ ein ewi­ger Traum.

Denn die Rea­li­tät ist hier AUTO! Und der Mensch bleibt im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes auf der Strecke.

aus der Avan­tiO. Feb. 2019
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