Scherz, Satire, Ironie und breitgetretener Quark …
... also das Bohei um den verkaufsoffenen Sonntag, den uns die ver.di angeblich wegnahm. Es ist schon grauslich, was wir von Medien und Handel da zu lesen und zu hören bekommen. Was ist denn eigentlich passiert?
Ernst Kochanowski
Die Gewerkschaft, unter deren Dach sich auch die Beschäftigten des Einzelhandels organisieren, hat mal die Gerichte angerufen um zu klären, ob vom Handel verlangte und von den Kommunen eilfertig genehmigte Öffnungszeiten an diversen Sonntagen legal seien. Damit hat sie genau das gemacht, wofür wir sie auch gegründet haben und brauchen. Nämlich, unsere Arbeitsbedingungen, unsere Gesundheit, unser Familienleben und damit unser aller Wohlergehen ein wenig zu verbessern.
Und siehe da, sämtliche angerufenen Gerichte waren sich einig und haben nicht nur die angesprochenen Sonntagsöffnungen für ungesetzlich erklärt, sondern auch die Kriterien für solche noch mal deutlich gemacht. Den zuständigen Gremien muss man wohl manchmal etwas nachdrücklicher kommen, denn auch da scheint der neoliberale und unglaublich blöde Grundsatz, dass der Markt alles regelt, schon verinnerlicht worden zu sein. Legal? Illegal? Scheißegal! Wozu braucht es noch TTIP, wenn schon heute bestehende Gesetze und Verordnungen als Handelshemmnisse erkannt und, wenn keiner hinschaut, auch umgangen werden?
Und wenn dann doch mal jemand hinschaut, weil zum Beispiel das Wohlergehen der arbeitenden Bevölkerung eben nicht egal ist, dann versuchen Interessengruppen auch mit Hilfe der Presse und leider auch ein wenig mit Hilfe der zu Schützenden – und das ist nicht nur das unmittelbar betroffene Verkaufspersonal – sich in plattesten antigewerkschaftlichen Tiraden. Was?! Das war gar nicht die ver.di, die was verboten hat, sondern der Gesetzgeber? Legal? Illegal? Scheißegal!
Und so muss ein abhängig beschäftigter Schreiber unseres quasi Einzeitungslandes eine von ver.di verschuldete Verödung der Stadtviertel proklamieren. So verlogen, geistesfern und bar jeder realistischen Einschätzung geht nur unter Druck oder im Delirium.
Auch hat mir immer noch niemand erklären können, was Stadtteilfeste, Flohmärkte oder sonstiger Rummel mit Sonntagsöffnungszeiten von Kaufhäusern und Mals so zwingend zu tun haben, dass das eine immer das andere im Gefolge haben muss.
Ist Einkaufen am Sonntag so etwas wie Spiel, Spaß und Karussellfahren? Wer dies gern so sehen möchte, der soll doch mal am Samstag um 15 oder 16 Uhr die Marktstraße besuchen. Ich sag nur: In Wüsten gibt’s dagegen ziemliches Gedränge! Apropos öde Marktstraße: Hat nicht kürzlich erst unsere hocheffiziente Stadtverwaltung einen Markttag in Alt-Oberhausen wegen angeblich zu schwacher Frequentierung gestrichen? Konterkariert dies nicht die wohlfeil vorgetragenen Willensbekundungen diverser „Fachleute“, die Innenstadt beleben zu wollen?
Das neue Jobcenter (MIT DACHGARTEN !) wird entgegen aller Behauptungen nichts an der entleerten Marktstraße ändern. Verkaufsoffene Sonntage sowieso nicht. Eher wird das Gegenteil geschehen: Die wenigen großen Rhein-Ruhr-usw.-Centros, wo sie auch sind, geplant von Kommunen und Wirtschaft, werden weiter die Stadtviertel leer saugen. Der von Freunden platter Erklärungen so oft der Verödung der Innenstädte bezichtigte und als Begründung für verkaufsoffene Feiertage herhaltende Onlinehandel ist unmaßgeblich daran beteiligt.
Wenn der Quark auch noch so getreten wird – er wird nur breit, aber nicht stark.