Volks­bank Kraich­gau: Soli­da­ri­tät mit Tors­ten Wacker!

Volks­bank Kraichgau:

Soli­da­ri­tät mit Tors­ten Wacker!

C.B.

Es ist ein Phä­no­men der heu­ti­gen Zeit. Es pas­siert nur oft im Ver­bor­ge­nen, inner­halb eines Unter­neh­mens oder Betrie­bes. Meist spre­chen Betrof­fe­ne nicht laut dar­über, meist endet es mit einem Auf­he­bungs­ver­trag. War­um gera­ten Betriebs- und Per­so­nal­rä­te immer mehr unter Beschuss?

Ein Betriebs- oder Per­so­nal­rat ist ein gewähl­tes Gre­mi­um nach dem Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) und nur in die­sem Rah­men dür­fen die Gewähl­ten sich bewe­gen. Hier­in haben sie ver­schie­de­ne Part­ner, Rech­te und Pflich­ten. Ver­stößt ein Betriebs- oder Per­so­nal­rat gegen das Gesetz, kann er im schlimms­ten Fall sei­nes Amtes ent­ho­ben wer­den. Er kann also nicht nur zuschau­en und abni­cken. Eine Auf­ga­be eines Betriebs­ra­tes ist es z.B., sich um die Ein­stel­lungs­kri­te­ri­en und um fai­re Arbeits­be­din­gun­gen der Mit­ar­bei­te- rIn­nen in sei­nem Betrieb zu küm­mern. Was hat dies nun mit dem Kün­di­gungs­ver­such des Betriebs­rats­vor­sit­zen­den der Volks­bank Kraich­gau, Tors­ten Wacker, zu tun? Der Betriebs­rat der Volks­bank Kraich­gau Sins­heim-Wies­loch han­delt sehr ver­ant­wor­tungs- bewusst und genau im Rah­men des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz. Er ist eines von zwei Betriebs­rats­gre­mi­en bun­des­weit, das nach lan­gem Rin­gen und vie­len Gesprä­chen vor dem Arbeits­ge­richt ein Ver­fah­ren führt, in dem die Recht­mä­ßig­keit der Anwen­dung eines Tarif­ver­tra­ges bestrit­ten wird.

Tarif­ver­trä­ge mit Pseu­do­ge­werk­schaf­ten?
Der Arbeit­ge­ber­ver­band der Volks­ban­ken schließt bevor­zugt Tarif­ver­trä­ge mit den Ver­bän­den von DBV (www.dbv-gewerkschaft.de) und DHV (www.dhv-cgb.de) ab. Die­se könn­te mensch durch­aus als „gel­be Gewerk­schaf­ten“ bezeich­nen. Der Betriebs­rat der Volks­bank Kraich­gau setzt sich für sei­ne Kol­le­gIn­nen ein, und will, dass der Tarif­ver­trag mit ver.di, einer aner­kann­ten Gewerk­schaft, und nicht mit Pseu­do­ge­werk­schaf­ten geschlos­sen wird. Nun hat er einen ers­ten Erfolg vor dem Arbeits­ge­richt Mann­heim erreicht. Der ver.di-Tarifvertrag muss ange­wandt wer­den, bis zwi­schen der Volks­bank Kraich­gau und dem Betriebs­rat ein betrieb­li­ches Ein­grup­pie­rungs­sys­tem ver­han­delt und abge­schlos­sen wird. Der Betriebs­rat strebt die Ver­hand­lung an, die Volks­bank lehnt dies jedoch ab. Par­al­lel dazu pas­siert das Unglaub­li­che: Von der Bank mit dem „Genos­sen­schafts­ge­dan­ken“ erhält der BR-Vor- sit­zen­de Tors­ten Wacker nach 33 Jah­ren die Kün­di­gung, ohne dass er jemals abge­mahnt wor­den wäre. Ihm wird „Betrug“ vor­ge­wor­fen. Dies geschieht kurz vor der Betriebs­rats­wahl 2014 und kurz bevor der Betriebs­rat bewei­sen kann, dass man sich erfolg­reich gegen die Poli­tik eines Arbeit­ge­ber­ver­ban­des zur Wehr set­zen kann. Hier ist also ein poli­ti­scher Zusam­men­hang zu ver­mu­ten, meint die Gewerk­schaft ver.di.

Woher ken­nen wir die­ses Ver­hal­ten schon?
Ist dies ein Ein­zel­fall, mit einem beson­ders stu­ren Betriebs­rat? Ganz sicher nicht! Dies erin­nert an Fäl­le wie Emme­ly: Kün­di­gung wegen eines angeb­lich unter­schla­ge­nen Pfand­bons oder Kün­di­gung wegen eines Bröt­chens. Gera­de in Rhein-Neckar, einer Regi­on mit star­ken und orga­ni­sier­ten Betriebs- und Per­so­nal­rä­ten, gibt es in den letz­ten Jah­ren immer mehr Bei­spie­le von BR-Mob­bing, die an das Licht der Öffent­lich­keit kom­men. Ob dies bei nora sys­tems Wein­heim (ehem. Freun­den­berg), bei IKEA oder bei Rhen­us Logi­stics in Mann­heim ist, die Metho­de ist bekannt. Auch bei der Volks­bank Kraich­gau weist der Fall deut­li­che Ähn­lich­kei­ten mit dem Vor­ge­hen der Voba Lud­wigs­burg und dem damals agie­ren­den Rechts­an­walt Nau­joks auf. Heu­te hei­ßen die Anwäl­te viel­leicht nicht mehr Nau­joks, aber sie bedie­nen sich der glei­chen Metho­de. Dies soll­te uns zu den­ken geben. „Hat dies die Volks­bank nötig?“ Die­se Fra­ge hört mensch immer öfter. Die Volks­bank wirbt mit dem Spruch „Vorn sein und für die Men­schen“. Müss­ten ihr dann nicht auch gute Tarif­ver­trä­ge und ein wert­schät­zen­der Umgang am Her­zen liegen?

Was bezweckt die Volks­bank?
Nun, es ist leicht zu ver­ste­hen, wie sich so etwas auf ande­re Betriebs­rä­te und die Beleg­schaft aus­wirkt. Es för­dert ein Kli­ma der Angst und des Miss­trau­ens. Kol­le­gIn­nen über­le­gen sich zwei­mal, ob sie zum Betriebs­rat kan­di­die­ren. Das ist weit ent­fernt von den Vor­ga­ben des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes. Dort, wo es Betriebs­rä­te gibt, sind die Arbeits- und Ent­loh­nungs­be­din­gun­gen bes­ser. Dies zei­gen vie­le Stu­di­en. In dem Fall Tors­ten Wacker scha­det die Bank aber nicht nur ihren Mit­ar­bei­te­rIn­nen, son­dern bringt ihr gutes Image stark ins Wan­ken. Angeb­lich sol­len sogar Bank­kun­dIn­nen, die eine Soli­da­ri­täts­post­kar­te unter­schrie­ben haben, von der Bank zum Gespräch gela­den wer­den. Was ist dies für ein Demo­kra­tie­ver­ständ­nis, was für eine Phi­lo­so­phie? Gewinn­ma­xi­mie­rung scheint obers­te Prio­ri­tät zu haben. Ordent­li­che Tari­fe und eine kor­rek­te Zusam­men­ar­beit mit Tors­ten Wacker und dem Betriebs­rat sind wohl nicht der Grundgedanke.

Wo wäre Tors­ten Wacker ohne brei­te Unter­stüt­zung?
Tors­ten Wacker wäre ein wei­te­rer Betriebs­rat, der von Bos­sing und Mob­bing bedroht ist und viel­leicht irgend­wann auf­ge­ben wür­de. Dank der gewerk­schaft­li­chen Unter­stüt­zung und der gro­ßen Soli­da­ri­tät vie­ler Men­schen wird Tors­ten Wacker durch­hal­ten. Der Betriebs­rat hat vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt beim The­ma Ein­grup­pie­rung gute Chan­cen. Es ist also noch nicht das letz­te Wort gespro­chen! Tors­ten Wacker wird der Volks­bank erhal­ten blei­ben, und Unter­neh­men in Rhein-Neckar und auch bun­des­weit wer­den ler­nen müs­sen, dass das Betriebs­ver­fassuns­ge­setz und ordent­li­che Tari­fe den Men­schen nicht egal sind. Soli­da­ri­tät und Öffent­lich­keit sind oft die ein­zi­gen Mit­tel, die sol­chen Angrif­fen Ein­halt gebie­ten. Wenn der Pro­test stark genug ist, wird die Volks­bank die Kün­di­gung zurück­zie­hen müs­sen, um ihre genos­sen­schaft­li­chen Wur­zeln nicht wei­ter zu beschädigen.

aus der Ober­hau­se­ner Bei­la­ge zur Avan­ti 225, Sep­tem­ber 2014
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