nora systems (Weinheim)
Betriebsratswahl ungültig
Betriebsratsmehrheit zieht vor’s Landesarbeitsgericht
Korrespondent Weinheim
Am 10. Juli 2014 hat das Arbeitsgericht Mannheim die Betriebsratswahl beim Bodenbelagshersteller nora systems in Weinheim (ca. 900 Beschäftigte) für ungültig erklärt. Das Gericht hat damit die Anfechtung der Wahl durch die Minderheit im Betriebsrat bestätigt.
In ihrem Info vom 14.07.2014 erklärt die BR-Minderheit ihr Vorgehen: „Die Gründe hierfür waren gravierende Verstöße gegen grundlegende gesetzliche Bestimmungen bei der Durchführung der Wahl. So wurde z. B. ein nicht unbeträchtlicher Teil der Belegschaft (u. a. die 24 Beschäftigten in den Saisonarbeitszeitmodellen 8:4 und 10:2) an der Ausübung des passiven Wahlrechts gehindert. Sie hatten nicht die erforderlichen Informationen zur Betriebsratswahl erhalten. Dadurch wurde ihnen die Möglichkeit genommen, selbst zur Betriebsratswahl zu kandidieren. Dazu kommen weitere Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen wie z. B. das Nichtbenutzen von Wahlumschlägen bei der Abgabe der Stimmzettel.”
Ein wesentlicher weiterer Hintergrund der Wahlanfechtung ist die schon seit Jahren anhaltende Auseinandersetzung bei nora systems zwischen einer unternehmernahen BR-Mehrheit und der belegschaftsorientierten BR-Minderheit. Vor zwei Jahren waren das Ausschlussverfahren aus dem Betriebsrat und die fristlose Kündigung des Minderheitsvertreters Helmut Schmitt durch die Geschäftsleitung und die BR-Mehrheit Folgen dieses Konflikts.
Helmut Schmitt hat sich in beiden Verfahren vor Gericht durchgesetzt. Er musste sowohl weiterbeschäftigt als auch wieder als Betriebsrat eingesetzt werden. Bei der BR-Wahl am 3. März 2014 wurden erstmals bei nora systems Listenwahlen durchgeführt. Insgesamt fünf Listen kandidierten. Drei davon waren offensichtlich unternehmernah. Deren Koalition führte nach der Wahl dazu, dass sich die alte Mehrheit trotz des relativen Erfolgs der aktiven KollegInnen um Helmut Schmitt wieder behaupten konnte. Der neue BR-Vorsitzende und sein Stellvertreter sind die Repräsentanten des unternehmernahen Kurses.
Durch die Wahlanfechtung soll die Belegschaft noch einmal die Chance erhalten, in einem demokratischen Verfahren über die Zusammensetzung des BR-Gremiums neu zu bestimmen. Insbesondere die Wahl von Repräsentanten der alten Mehrheit an die BR-Spitze ist auf den Widerspruch großer Teile der Belegschaft gestoßen.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die BR-Mehrheit hat nun entschieden, die Revision des Urteils durch das Landesarbeitsgericht zu beantragen. Aufgrund der Eindeutigkeit der Verstöße gegen die Wahlordnung hat die Revision aber keine Chance, den jetzt ausgesprochenen Beschluss zu ändern.
Um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden, hat die BR-Minderheit den sofortigen Rücktritt des Betriebsrats und die Einleitung von Neuwahlen beantragt.
Im Info der BR-Minderheit steht hierzu: „Vor diesem Hintergrund appellieren wir an alle Betriebsratsmitglieder jetzt, durch einen geschlossenen Rücktritt, den Weg freizumachen für eine schnelle Neuwahl, nicht zuletzt auch, um zu verhindern, dass es zu einer betriebsratslosen Zeit kommt. Solange das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, kann der Betriebsrat jederzeit geschlossen zurücktreten, um die Neuwahl einzuleiten. Bis zum Abschluss der Wahl bliebe er dann auch im vollen Umfang im Amt. Sollte das Urteil aber rechtskräftig werden, dann würde der Betriebsrat sofort sein Mandat verlieren und es gäbe tatsächlich eine betriebsratslose Zeit bis zur Wahl eines neuen Betriebsrats.“
Der Antrag zum Rücktritt und für die Durchführung von Neuwahlen wurde jedoch von der BR-Mehrheit abgelehnt. Damit geht sie bewusst das Risiko einer betriebsratslosen Zeit ein. Ein Termin für die Entscheidung vor dem Landesarbeitsgericht liegt zur Zeit noch nicht vor. Die Erfahrung zeigt, dass dies aber einige Monate dauern kann.
Wir werden über die weitere Entwicklung berichten.