Frau­en- und Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung in den USA unter Trump 2

Frau­en- und ArbeiterInnenbewegung 
in den USA unter Trump

Am 28. August 2017 fand im K14 eine Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung mit der Gewerk­schaf­te­rin und Akti­vis­tin Dian­ne Fee­ley aus Detroit statt. Der ers­te Teil des Berichts über die­se Ver­an­stal­tung in der Sep­tem­ber-Aus­ga­be der Avan­ti O. han­del­te von den ver­schie­de­nen Pro­test­wel­len in den USA, die es seit Trumps Amts­an­tritt gege­ben hat. In die­sem zwei­ten und letz­ten Teil geht es um die Rol­le von Gewerk­schaf­ten und ihre Aktivitäten.

Petra Sta­ni­us

Kon­ti­nu­ier­li­cher Wider­stand gegen die reak­tio­nä­re Poli­tik von Trump wird unter ande­rem dadurch erschwert, dass der Grad gewerk­schaft­li­cher Orga­ni­sie­rung in den USA ste­tig zurück­geht. Vor allem Staa­ten im Süden locken u. a. deut­sche Kon­zer­ne wie VW, BMW und Mer­ce­des bereits mit „gewerk­schafts­frei­en Zonen“.
Waren im Jahr 2002 noch mehr als 13 % der abhän­gig Beschäf­tig­ten Mit­glied in einer Gewerk­schaft, so sind es heu­te nur noch etwa 10 %. (Der Höchst­wert lag bei 29,4 % im Jahr 1960.)

Das Gewerk­schafts­sys­tem
Das Gewerk­schafts­sys­tem in den USA unter­schei­det sich deut­lich von dem in Deutsch­land. In den USA ist es nicht mög­lich, ein­fach einer Gewerk­schaft bei­zu­tre­ten, die die eige­ne Bran­che orga­ni­siert. Viel­mehr läuft die Mit­glied­schaft über die ein­zel­nen Betriebe:
Eine Gewerk­schaft muss die Mehr­heit einer Beleg­schaft davon über­zeu­gen, dass die gewerk­schaft­li­che Ver­tre­tung für sie nütz­lich ist. Was häu­fig nicht gelingt, da mit Gegen­wer­bung Ängs­te geschürt wer­den vor angeb­lich damit ver­bun­de­nen Nach­tei­len. Nicht zuletzt wird von Sei­ten der Unter­neh­mens­lei­tung Druck auf die Kol­le­gIn­nen aus­ge­übt, bes­ser nicht für die Gewerk­schaft zu stimmen.
Auf der ande­ren Sei­te gibt es eine gro­ße Anzahl so genann­ter Clo­sed Shops (geschlos­se­ne Betrie­be). Das sind Betrie­be, in denen die Mit­glied­schaft in einer Gewerk­schaft für die Beschäf­tig­ten zwin­gend ist. Der Gewerk­schafts­bei­trag wird hier vom Unter­neh­men direkt vom Lohn ein­be­hal­ten und abge­führt. Auf­grund der neu­en Arbeits­ge­setz­ge­bung ver­lie­ren die Clo­sed Shops jedoch an Bedeutung.

Dian­ne Fee­ley selbst war vor ihrem Ein­tritt in den Ruhe­stand Arbei­te­rin in der Auto­mo­bil­in­dus­trie und ist wei­ter­hin in der Auto­mo­bil­ar­bei­te­rIn­nen­ge­werk­schaft United Auto­wor­kers (UAW) aktiv. Ihre eige­ne Gewerk­schaft sieht sie kri­tisch. Wie ande­re Gewerk­schaf­ten in den USA habe auch die UAW nicht regis­triert, dass es an der Zeit sei, zu kämp­fen. Die Beleg­schaf­ten sei­en kaum dar­auf ange­spro­chen wor­den, sich zu orga­ni­sie­ren. So habe die UAW wich­ti­ge Abstim­mun­gen ver­lo­ren. Bei Nis­san stimm­ten 63 % der Beschäf­tig­ten im August 2017 gegen die Aner­ken­nung der UAW – ein kata­stro­pha­les Ergeb­nis. Auch bei VW gab es eine Niederlage.

Wobei die Refe­ren­tin es nicht effek­tiv fin­det, dass die UAW im ein­zel­nen Betrieb argu­men­tiert, war­um die Gewerk­schaft dort nütz­lich wäre. Sie sieht es eher als erfolg­ver­spre­chend an, mit­hil­fe von Kam­pa­gnen die betref­fen­den Arbei­te­rIn­nen aktiv ein­zu­be­zie­hen. Damit hät­ten die Beschäf­ti­gen, die Gewerk­schaf­ten posi­tiv gegen­über stün­den, die Mög­lich­keit, zusam­men­zu­kom­men, schon vor der Wahl gemein­sam zu agie­ren und so die Nütz­lich­keit gewerk­schaft­li­cher Orga­ni­sie­rung selbst zu erfahren.

Pro­test der Lehrerinnen
Ein bemer­kens­wer­tes Bei­spiel für gewerk­schaft­li­chen Pro­test sieht die Refe­ren­tin in den Akti­vi­tä­ten der Leh­re­rin­nen. Eine wich­ti­ge Rol­le spie­len hier gewerk­schaft­li­che Basis­grup­pen, die bereits vor Trumps Prä­si­dent­schaft gegrün­det wurden.
Mehr als 60 % der gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­ten Leh­re­rIn­nen sind weib­lich. Sie enga­gie­ren sich nicht aus­schließ­lich für Frau­en, aber als Frau­en. Die Bil­dungs­po­li­tik unter Trump und der Ein­fluss rech­ter Grup­pen auf Schu­len gibt ihnen genü­gend Anlass, aktiv zu werden. 
Unter Trump wur­de mit Bet­sy DeVos, der Schwes­ter des Blackwater(*)-Gründers Erik Prin­ce, eine aus­ge­wie­se­ne Geg­ne­rin des staat­li­chen Bil­dungs­sys­tems neue US-Bildungsministerin.

Von Sei­ten der Rech­ten wird die Grün­dung von Char­ter Schools vor­an­ge­trie­ben. Dies sind Schu­len, die genau­so geför­dert wer­den wie die öffent­li­chen, deren Betrei­ber aber von den meis­ten staat­li­chen Ver­ord­nun­gen und Vor­schrif­ten befreit sind. Neben den staat­li­chen Mit­teln erhal­ten die Char­ter Schools Geld von rei­chen För­de­rern, wes­halb sie bes­ser aus­ge­stat­tet sind als die öffent­li­chen. Eltern kön­nen zwar zwi­schen den Schul­for­men wäh­len, gleich­zei­tig aber kön­nen die Char­ter Schools sich die Schü­le­rIn­nen aus­su­chen. Und die, die sie nicht haben wol­len, an öffent­li­che Schu­len verweisen.
Dian­ne Fee­ley zieht aus den der­zei­ti­gen poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen den Schluss, dass heu­te die wich­tigs­te Auf­ga­be dar­in bestehe, soli­da­risch zu sein: Die Rech­ten pre­dig­ten Angst. Sie aber wol­le Hoff­nung vermitteln.

(*) Black­wa­ter heißt heu­te Aca­de­mi und ist ein für schmut­zi­ge Metho­den bekann­ter, welt­weit agie­ren­der Söldnerkonzern.

aus der Ober­hau­se­ner Bei­la­ge zur Avan­ti, Oktober/November 2017
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