Bericht über die Filmvorführung: „Das ist unser Streik“ Teil 2
Streik bei Neupack – ein lehrreicher Arbeitskampf
Am 26. Mai zeigte der Aktionskreis gegen Unternehmerwillkür (AKUWILL) im Oberhausener Gewerkschaftshaus den Film „Das ist unser Streik“, eine Dokumentation des Arbeitskampfes bei Neupack 2012/2013. Anwesend waren auch zwei der FilmemacherInnen, Hajo Rieckmann und Puschki Aalders. Sie beantworteten Fragen rund um den Film und den Streik und steuerten Informationen zur aktuellen Situation bei dem Verpackungshersteller bei.
Der erste Teil des Berichtes über die Neupack-Veranstaltung erschien in der Avanti O. 235, Juli/August 2015.
Petra Stanius
Die Strategie der IG BCE
Die IG BCE hat ihre Strategie mit den Streikenden offenbar nicht ausreichend diskutiert und sie ihnen auch nicht vermittelt. Es blieb undurchsichtig, wer die Entscheidungen getroffen und wer ein Verhandlungsergebnis angenommen hat. An der Strategie war überdies nicht erkennbar, dass die Gewerkschaft tatsächlich ein Fanal setzen wollte.
So auch beim Übergang vom Vollstreik zum Wellenstreik. Ab diesem Zeitpunkt wurde in unregelmäßigen Abständen tageweise gestreikt.
Als Pluspunkt für den Wellenstreik wurde von einem der Anwesenden bezeichnet, dass KollegInnen aus Polen, die von der Unternehmensleitung als StreikbrecherInnen eingesetzt wurden, nun in den Streik einbezogen werden konnten. Die Gräben zwischen streikenden und nicht streikenden KollegInnen seien durch den Abbruch des Vollstreiks nicht zugeschüttet, aber Konflikte zwischen ihnen möglicherweise vermieden worden.
Jedoch wurden die Arbeitsniederlegungen der Geschäftsleitung zuvor bekannt gegeben. Hier zeigte sich die fatale Auswirkung der „sozialpartnerschaftlichen“ Ausrichtung der Zentrale der IG BCE, die im Widerspruch zur Strategie von mit dem Streik verbundenen Gewerkschaftsfunktionären stand, die Unternehmensleitung durch wirtschaftlichen Druck in einen Tarifvertrag zu zwingen. Durch die Art und Weise, wie der Wellenstreik durch die Streikführung gehandhabt wurde, erhielt die Geschäftsführung die Möglichkeit, StreikbrecherInnen anzulernen und das sich leerende Lager wieder zu füllen.
Nach dem Streik
Nach der Beendigung des Arbeitskampfes ging es dem Unternehmen nach der Schilderung von Hajo und Puschki zunächst einmal schlecht. Viel Geld war für Anwälte und Wachleute aufgewandt worden, KundInnen verloren gegangen. Die polnischen Streikbrecher stellten sich hinter den Betriebsratsvorsitzenden Murat Günes, die Loyalität mit dem Chef bröckelte.
Murat konnte KollegInnen, die vom Ausgang des Arbeitskampfes enttäuscht waren, davon überzeugen, nicht gleich wieder aus der IG BCE auszutreten. Seine Liste hat auch heute noch die Mehrheit im Betriebsrat von Neupack.
Auf der anderen Seite setzten jetzt aber Dauerschikanen und Mobbing gegen gewerkschaftlich Aktive ein. Ein Klima der Angst wurde erzeugt. Schon bei kleinsten Verfehlungen wurden Sanktionen verhängt.
Es wurden im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf zehn Kündigungen ausgesprochen, wobei die Betroffenen zum Teil erfolgreich gegen ihre Entlassung geklagt haben.
Einer von ihnen ist Murat Günes. Bereits fünfzehn Mal hat die Unternehmensleitung versucht, den Betriebsrat mittels Kündigung loszu- werden und ihn so an dem Kampf für die Rechte der Belegschaft zu hindern – bislang vergeblich. Mit weiteren Mobbing-Methoden wie Schikanen, dem Einsatz von Privatdetektiven und Spitzeln, die sich weit in sein Privatleben auswirken, geht die Geschäftsleitung gegen den Gewerkschafter vor.
Fazit
Nach der Veranstaltung lassen sich zwei wichtige Punkte festhalten:
1. Das Mobbing gegen Murat und weitere engagierte GewerkschafterInnen bei Neupack gehört zu einer langen Reihe ähnlicher Fälle in vielen anderen Unternehmen. Gezielte Schikanen gegen KollegInnen, die sich für die Rechte der Belegschaft einsetzen, haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Betroffenen brauchen eine möglichst breite Unterstützung. Wir alle müssen ihnen unsere Solidarität zeigen, die Namen der Mobber bekannt machen und deren Methoden öffentlich verurteilen.
2. Isolierte Arbeitskämpfe haben weniger Aussicht auf Erfolg als gemeinsam geführte. Eine sympathisierende Öffentlichkeit ist wichtig – und noch wichtiger ist die Steigerung des wirtschaftlichen Drucks. Wenn Gewerkschaftsführungen die Möglichkeit nicht nutzen, die zeitgleich in verschiedenen Bereichen stattfindende Kämpfe miteinander zu verbinden und auch Solidaritätsstreiks zu organisieren, verzichten sie damit auf einen bedeutenden Teil der Macht, die sie eigentlich haben.
3. Dass der Arbeitskampf bei Neupack sein Ziel nicht erreicht hat, daran hat das Problem „Sozialpartnerschaft“ einen großen Anteil. Dieses Problem ist nicht auf die IG BCE beschränkt, sondern findet sich in unterschiedlicher Ausprägung auch in den anderen Gewerkschaften. In unserer jeweils eigenen Gewerkschaft müssen wir uns damit auseinander setzen und klären, wie wir mit dieser Frage umgehen. Und eine gewerkschaftsübergreifende Auseinandersetzung mit der Haltung der „Sozialpartnerschaft“ (weiter-)führen.