„Das ist unserer Streik“
NEUPACK – Dokumentation eines 9-monatigen Arbeitskampfes 2012/2013
Film- und Diskussionsveranstaltung am 26.05.2015 um 19:00 im DGB Haus in Oberhausen
Am 1. November 2012 sind 110 Arbeiterinnen und Arbeiter von Neupack in den unbefristeten Streik getreten, um Verhandlungen über einen Tarifvertrag zu erzwingen. Dass es zu diesem mutigen Schritt kam, lag nicht nur an der sturen, auf ihrem Willkürrecht bestehenden Eigentümerfamilie, sondern auch an der jahrelangen Überzeugungs- und Organisierungsarbeit der für Neupack zuständigen IG BCE-Sekretäre und einigen aktiven Mitgliedern des Betriebsrates.
Doch wer hätte angesichts der eingangs skizzierten Konstellation gedacht, dass am 1. November 2012 in den Neupackwerken in Hamburg und Rotenburg einer der längsten und intensivsten Arbeitskämpfe der deutschen Nachkriegsgeschichte beginnt? Wer hätte gedacht, dass der Streik trotz der Einstellung von über 50 Streikbrecherinnen und Streikbrechern nach 2 1⁄2 Monaten so wirkungsvoll werden würde, dass die streikführende Gewerkschaft sich Sorgen machte, der Betrieb könne, da die halsstarrige Eigentümerfamilie zu Gesprächen über einen Tarifvertrag nicht bereit war, „kaputtgestreikt“ werden?
Ein lehrreicher Arbeitskampf
Der von der IG BCE erst am 9. August 2013, also nach neun Monaten, offiziell beendete Streik wurde zu einem der lehrreichsten Arbeitskämpfe der letzten Zeit. Bis heute findet die Auseinandersetzung bei Neupack innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften Beachtung, weil sie ein Schlaglicht wirft auf die zentralen rechtlichen und organisatorischen Schwierigkeiten betrieblicher Kämpfe.
Es geht dabei um folgendes:
Die Notwendigkeit, die systematische Bevorrechtigung des Kapitals durch das deutsche Streikrecht aufzuheben (Verbot der Einstellung von Arbeitskräften während eines Streiks)
die Chancen und Probleme tariflicher „Häuserkämpfe“
die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Organisierung von öffentlicher und überbetrieblicher Streik- unterstützung
die innergewerkschaftliche Forderung nach Demokratisierung der Streikführung und
die Bedeutung der Erfahrung: „Lohnarbeit trennt – Streiken verbindet“ für eine emanzipatorische Gewerkschaftsarbeit („Erneuerung durch Streik“).
Der Film dokumentiert zunächst den 3-monatigen Vollstreik, dann den von der Streikleitung der IG BCE durchgesetzten Übergang in den „Flexistreik“ und schließlich die Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Gewerkschaftsführung über die eigentlichen Ziele und die richtigen Mittel eines Arbeitskampfes, der begonnen wurde, um „ein Exempel zu statuieren“ (so der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, Streikinfo 4, 9. 11. 2012).
Die offenen und selbstkritischen Diskussionen unter den Streikenden über die Schwierigkeit, eigenständige demokratische Strukturen aufzubauen, sind ein weiteres Thema des Filmes.
Wenn die Gewerkschaftsbewegung etwas von der Organisationsmacht, die sie in den letzten Jahrzehnten verloren hat, zurückerobern will, dann müssen die Probleme, die der Neupackstreik sichtbar gemacht hat, auf die Tagesordnung gesetzt, intensiv bearbeitet und offen diskutiert werden. Die in der Linken innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften nach dem Ende des Streiks heftig umstrittene Frage, ob es sich bei dem Verhandlungsergebnis um einen Erfolg, einen Teilerfolg oder eine totale Niederlage gehandelt hat, ist unserer Meinung nach zweitrangig. „Ein Tarifvertrag ist kein Himmelsgeschütz“ (Oliver Venzke, stellvertr. Bezirksleiter der IG BCE Hamburg/Harburg) und auch nicht unbedingt eine Etappe auf dem Weg zum Sozialismus. Andererseits wird die – gemessen an den ursprünglichen Zielen – recht magere Betriebsvereinbarung, die am Ende herausgesprungen ist, nicht die Erfahrung des gemeinsamen Kampfes überschatten und die Belegschaft nicht daran hindern, einen neuen Anlauf zu nehmen, „wenn es soweit ist“, so der Betriebsratsvorsitzende Murat Güneş.
Aus der Filmbeschreibung der beiden Filmemacher, die den Streik bei Neupack begleitet und die Dokumentation erstellt haben.
www.neupack-film.de