Möbel­haus XXXL-Rück in Ober­hau­sen: Wider­stand gegen das Aus­beu­tungs­mo­dell von XXXLutz

Doku­men­ta­ti­on eines Artikels 
zu XXXL-Rück von Aku­will


Möbel­haus XXXL-Rück in Oberhausen: 

Wider­stand gegen das Aus­beu­tungs­mo­dell von XXXLutz

 

Zu Beginn des Jah­res 2014 wur­de die Möbel­stadt Rück durch die XXXLutz-Grup­pe über­nom­men. Im Zuge der Über­nah­me wur­de allen Beschäf­tig­ten des Möbel­hau­ses in Ober­hau­sen gekün­digt. Den meis­ten von ihnen wur­den Arbeits­ver­trä­ge in XXXLutz-Gesell­schaf­ten ange­bo­ten – im Ver­gleich mit ihren alten Ver­trä­gen zu deut­lich schlech­te­ren Bedin­gun­gen. Poten­ti­ell unbe­que­me, „teu­re“ oder nicht so leicht künd­ba­re Beschäf­tig­te, zum Bei­spiel Betriebs­rä­te oder Schwer­be­hin­der­te, erhiel­ten nicht ein­mal die­ses Ange­bot. Die Geschäfts­lei­tung behaup­tet auch heu­te noch, dies sei recht­mä­ßig gewe­sen, weil das Möbel­haus geschlos­sen und durch XXXL wie­der neu eröff­net wor­den wäre.

Kün­di­gungs­schutz­kla­gen

Das Arbeits­ge­richt Ober­hau­sen sah dies jedoch anders und ent­schied im Jahr 2016 in den meis­ten Fäl­len, dass die Kün­di­gun­gen der Alt­be­schäf­tig­ten unzu­läs­sig sei­en, weil ein Betriebs­über­gang nach BetrVG § 613 statt­ge­fun­den habe. Tat­säch­lich ist der Geschäfts­be­trieb bei Rück nach der Über­nah­me ohne Unter­bre­chung wei­ter gelaufen.

Gegen die­se Urtei­le leg­te XXXL Beru­fung ein.

Am 1. August 2016 wur­de die ers­te der Kün­di­gungs­schutz­kla­gen vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf ver­han­delt und ende­te mit einem Ver­gleich: Ein Tisch­ler, der seit 1977 bei dem Möbel­haus beschäf­tigt war, erhält eine Abfin­dung von 75.000 Euro – 20.000 Euro mehr, als ihm in der Vor­in­stanz ange­bo­ten wor­den war. Der Tisch­ler hat­te nach der Über­nah­me des Möbel­hau­ses einen Arbeits­ver­trag von einer der Lutz-Gesell­schaf­ten erhal­ten. Bereits nach einem hal­ben Jahr jedoch kün­dig­te XXXL Rück den Dienst­leis­tungs­ver­trag mit die­ser Gesell­schaft. Da Rück ihr ein­zi­ger Auf­trag­ge­ber war, kün­dig­te die Gesell­schaft dem Tisch­ler betriebsbedingt.

Es blieb unge­klärt, ob das LAG Düs­sel­dorf die Auf­fas­sung des Arbeits­ge­rich­tes Ober­hau­sen bestä­tigt hät­te, dass die Kün­di­gung des Schrei­ners rechts­wid­rig war, weil es sich bei dem Bereich Schreinerei/Dekoration um einen Teil des Gesamt­be­triebs gehan­delt hat, der von XXXL über­nom­men wer­den muss. Das Gericht ließ die­se Fra­ge offen, da ihm die Beweis­la­ge für ihre Beant­wor­tung nicht aus­rei­chend erschien.

In den kom­men­den Mona­ten wer­den wei­te­re Kün­di­gungs­schutz­kla­gen von Kol­le­gIn­nen von Rück ver­han­delt, bei denen sich die Fra­ge erneut stel­len wird. Es ist wich­tig, dass die kom­men­den Ver­hand­lun­gen gro­ße Öffent­lich­keit erfah­ren und von vie­len Men­schen besucht wer­den, die die Kol­le­gIn­nen von XXXL Rück unter­stüt­zen und ihren For­de­run­gen Nach­druck verleihen.

Betriebs­rat wehrt sich gegen Behin­de­rung sei­ner Arbeit

Es gibt noch einen wei­te­ren Vor­wurf gegen XXXL-Rück, der vor dem Arbeits­ge­richt ver­han­delt wird:

Der im Jahr 2014 gewähl­te Betriebs­rat von XXXL-Rück geht davon aus, dass er auf­grund des ein­heit­li­chen Betriebs­über­gangs bis 2018 im Amt ist. Die­ser Auf­fas­sung war auch das Arbeits­ge­richt Ober­hau­sen, als es mit die­ser Begrün­dung im Novem­ber 2015 einen Eil­an­trag im Zusam­men­hang mit der damals geplan­ten vor­sorg­li­chen Neu­wahl des Betriebs­rats ablehnte.

Dem Betriebs­rat wird jedoch sei­tens der Unter­neh­mens­lei­tung der Zutritt zu sei­nem Büro ver­wei­gert. Seit einem Jahr kann er dadurch nur sehr erschwert sei­ne Auf­ga­be wahr­neh­men, die Inter­es­sen der Kol­le­gIn­nen gegen­über der Geschäfts­lei­tung zu ver­tre­ten. Dage­gen hat der Betriebs­rat Kla­ge ein­ge­reicht. Ein ers­ter Ter­min vor dem Arbeits­ge­richt Ober­hau­sen am 24. Juni die­ses Jah­res ist geplatzt, da die von der Unter­neh­mer­sei­te gela­de­nen Zeu­gen nicht erschie­nen. Ein Ersatz­ter­min war für den 19. Juli ange­setzt, wur­de dann aber von der Rich­te­rin kurz­fris­tig ver­scho­ben. Einen neu­en Ter­min für die Ver­hand­lung gibt es der­zeit noch nicht.

For­de­rung: Bau­recht am Cen­tro nur gegen Rück­nah­me der Kündigungen

Das Möbel­haus im Schlad­vier­tel ist für die Bedürf­nis­se von XXXLutz eigent­lich zu klein, und auch die Lage mit­ten in einem Wohn­ge­biet ist auf­grund des Ver­kehrs­auf­kom­mens pro­ble­ma­tisch. So will XXXL in der Nähe des Ober­hau­se­ner Kon­sum­tem­pels Cen­tro ein gro­ßes Möbel­haus neu bau­en. Die Ein­lei­tung des nöti­gen vor­ha­be­nen­be­zo­ge­nen Bebau­ungs­plan­ver­fah­rens hat der Rat der Stadt am 4. Juli 2016 beschlossen.

Bei der Rats­sit­zung empör­ten sich Mit­glie­der aller Frak­tio­nen über die Unter­neh­mens­pra­xis von XXXLutz. Sie unter­stütz­ten die For­de­run­gen des Betriebs­ra­tes von Rück und von ver­di, dass die Neu­an­sied­lung des Möbel­hau­ses gekop­pelt wer­den muss an ver­bind­li­che Ver­ein­ba­run­gen im Sin­ne der Beschäf­tig­ten. Auch Ober­bür­ger­meis­ter Dani­el Schranz (CDU) sicher­te den Kol­le­gIn­nen, von denen eini­ge als Zuschaue­rIn­nen die Rats­sit­zung ver­folg­ten, zu, auf die Geschäfts­lei­tung von XXXL Rück ent­spre­chend ein­zu­wir­ken. Nach sei­ner Aus­sa­ge hat es bereits Gesprä­che gege­ben, in denen man XXXLutz unmiss­ver­ständ­lich klar­ge­macht hat, dass es nur dann eine Unter­stüt­zung des Rates für die Bau­maß­nah­me am Cen­tro geben wird, wenn die auf­ge­stell­ten For­de­run­gen erfüllt werden.

Die For­de­run­gen von Betriebs­rat, Beschäf­tig­ten und Gewerk­schaft lauten:

  • sofor­ti­ge Rück­nah­me der Kün­di­gung der Altbeschäftigten,
  • Ein­hal­tung von sozia­len Stan­dards, Tarif­ver­trä­gen und deren Nachwirkung,
  • Wah­rung der Rech­te der Beschäf­tig­ten, u. a.
  • das sofor­ti­ge Wie­der­ein­set­zen des 2014 in Ober­hau­sen gewähl­ten Betriebsrates,
  • Garan­tie­über­nah­me aller Mit­ar­bei­te­rIn­nen unter glei­chen Arbeits­ver­trags­be­din­gun­gen am Centro.

In dem am 4. Juli 2016 gefass­ten Rats­be­schluss kom­men die­se For­de­run­gen aller­dings nicht vor. Die Bedin­gun­gen, die XXXL erfül­len muss, um auf dem ehe­ma­li­gen Stahl­werks­ge­län­de bau­en zu dür­fen, bezie­hen sich ledig­lich auf die künf­ti­ge Nut­zung des Grund­stücks im Schlad­vier­tel, dem der­zei­ti­gen Stand­ort von Rück.

Ver­ba­le Empö­rung und unver­bind­li­che Ver­spre­chun­gen sind indes zu wenig. Zu Recht erwar­ten die Kol­le­gIn­nen von Rück von den Mit­glie­dern des Stadt­ra­tes Taten: Näm­lich kei­ne Bau­ge­neh­mi­gung zu ertei­len ohne eine Ver­pflich­tung der Geschäfts­füh­rung von XXXL-Rück, dass sie die Kün­di­gun­gen der Alt­be­schäf­tig­ten zurück­nimmt und ihre arbeit­neh­mer­feind­li­che Pra­xis aufgibt.

Boy­kott­auf­ruf von verdi

In die­se Rich­tung zielt auch der Boy­kott-Auf­ruf von ver­di an die Bür­ge­rIn­nen vom 15. Juli 2016: „Wir for­dern Sie auf, Ihren Ein­kauf bei XXXL-Rück so lan­ge ein­zu­stel­len, bis XXXL Rück die Ver­fah­ren vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zieht, bezie­hungs­wei­se die­se im Inter­es­se der Arbeit­neh­mer been­det sind“, heißt es dar­in. Ver­di for­dert dabei Stadt­spit­ze und Poli­tik auf, bei der Ent­schei­dung über die Ansied­lung von XXXL-Rück am Cen­tro „auch das Ver­hal­ten von XXXL Rück gegen­über den ehe­ma­li­gen Beschäf­tig­ten zu berücksichtigen“.

Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gne von XXXL-Rück

Fast zeit­gleich hat XXXL-Rück eine Wer­be­kam­pa­gne gestar­tet, mit dem offen­kun­dig das ange­schla­ge­ne Image des Unter­neh­mens wie­der auf­po­liert wer­den soll. Im Wochen­an­zei­ger, einem Anzei­gen­blatt für Ober­hau­sen, sind inzwi­schen vier Fol­gen einer Serie von Anzei­gen erschie­nen, die geeig­net sind, die Lese­rIn­nen des Blat­tes hin­ters Licht zu führen.

Seit dem 13. Juli 2016 erscheint in der Mitt­woch-Aus­ga­be unten auf der letz­ten Sei­te des Blat­tes eine halb­sei­ti­ge Anzei­ge, die auf­grund ihrer Gestal­tung den Ein­druck erweckt, als ob es sich hier um einen redak­tio­nel­len Bei­trag des Wochen­an­zei­gers han­deln wür­de. Das Wort „Anzei­ge”, das klein links oben über dem „Arti­kel“ steht, ist leicht zu übersehen.

In der ers­ten Fol­ge wird schein­bar der Spre­cher der Geschäfts­lei­tung, Hel­muth Götz, zum geplan­ten Umzug des Unter­neh­mens in die Nähe des Cen­tros inter­viewt. In die­sem „Inter­view“ will er den Lese­rIn­nen weis­ma­chen, dass die vie­len Kol­le­gIn­nen von Möbel Rück lei­der ent­las­sen wer­den muss­ten: auf­grund ihrer man­gel­haf­ten Arbeits­mo­ral, und weil sie sich den Neue­run­gen ver­wei­gert hät­ten, die das Möbel­haus auf Erfolgs­kurs brin­gen sol­len. Die Lese­rIn­nen „erfah­ren“, dass XXXL-Rück her­vor­ra­gen­den Ser­vice bie­tet, die Beschäf­tig­ten vor­bild­lich ent­lohnt und oben­drein Steu­ern zahlt – sogar in Oberhausen …

Die Fol­ge 2 eine Woche dar­auf beschäf­tigt sich aus­führ­lich mit dem „ein­zig­ar­ti­gen Ange­bot“ von XXXL und weist dabei erneut auf die gute Bezah­lung der Beschäf­tig­ten hin. Die geneig­te Lese­rin muss sich fra­gen, war­um eine Gewerk­schaft die­ses mus­ter­gül­ti­ge Unter­neh­men angreift. Wer dem Boy­kott­auf­ruf von ver­di folgt, scheint sich außer­dem ins eige­ne Fleisch zu schnei­den, weil er oder sie schein­bar grund­los auf das groß­ar­ti­ge Ange­bot des Möbel­händ­lers verzichtet.

In Fol­ge 3 müs­sen die Kol­le­gIn­nen von Rück selbst mit Bild und Namen für die Zwe­cke von XXXL her­hal­ten. In dem „Arti­kel“ wird die der­zei­ti­ge Beleg­schaft in den höchs­ten Tönen gelobt. Ver­kaufs­lei­ter Cars­ten König schil­dert aus­führ­lich sei­nen beruf­li­chen Wer­de­gang bei Rück und bewirbt die her­vor­ra­gen­den Mög­lich­kei­ten, die XXXL sei­nen Aus­zu­bil­den­den bie­tet. Zumin­dest wird der Ein­druck erweckt, dass er es tut.In Fol­ge 4 schließ­lich fällt die Betriebs­rats­vor­sit­zen­de des eben­falls Anfang 2014 über­nom­me­nen Möbel­hau­ses XXXL Krö­ger, Kers­tin Hütt­ner, ihren Kol­le­gIn­nen aus Ober­hau­sen, die um ihren Arbeits­platz und um die Ein­hal­tung gesetz­lich oder tarif­lich garan­tier­ter Stan­dards kämp­fen, kräf­tig in den Rücken. In einem „Inter­view“ schil­dert sie, wie sie die Über­nah­me des Möbel­hau­ses Krö­ger durch XXXL erlebt haben will: Alles sei bes­ser gewor­den, sowohl für die Kun­dIn­nen als auch für die Beschäf­tig­ten. Wer mit der Geschäfts­lei­tung Pro­ble­me habe, sei ein­fach nur unfä­hig, zu ver­han­deln. Von dem Ver­hand­lungs­ge­schick des Esse­ner Betriebs­ra­tes sol­len auch die Kol­le­gIn­nen in Ober­hau­sen pro­fi­tie­ren. Die mit einem untaug­li­chen Betriebs­rat geschla­gen sind, wie mensch zwi­schen den Zei­len lesen kann.Diese sicher nicht bil­li­gen Bemü­hun­gen von XXXLutz zei­gen, dass die Ent­schlos­sen­heit des Ober­hau­se­ner Betriebs­ra­tes, die nega­ti­ve Bericht­erstat­tung über XXXL (nicht nur) in der loka­len Pres­se und nicht zuletzt der Boy­kott­auf­ruf von ver­di Wir­kung zeigen.Mit bezahl­ten Schein­ar­ti­keln und Schein­in­ter­views, deren Inhalt aus­schließ­lich von den Auf­trag­ge­bern bestimmt wird und deren Wahr­heits­ge­halt nicht über­prüft wird, sol­len die Lese­rIn­nen des Wochen­an­zei­gers offen­bar mani­pu­liert und ver­dummt werden.

Petra Sta­ni­us, Mit­glied von ver­di und AKUWILL, 7. August 2016
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