Tarifabschluss Öffentlicher Dienst
Der Sprung des Tigers
Am Dienstag, dem 17. April 2018, wurde nach dreitägigen Verhandlungen in der Tarifrunde für Bund und Kommunen eine Einigung erzielt. Auf den ersten Blick ist sie unbefriedigend.
Helmut Born, ver.di-Linke NRW
Die Forderung nach 6 % mehr Einkommen wie nach einem Mindestbetrag von 200 € für 12 Monate findet sich in dem Abschluss nicht wieder. Insbesondere die Forderung nach dem Mindestbetrag war sehr populär. Sie hat sicherlich zu den guten Mobilisierungen auch im Ruhrgebiet beigetragen.
Der Mindestbetrag sollte vor allem den unteren Einkommensgruppen zugute kommen. Zudem sollten dadurch die Abstände zu den höheren Gruppen verringert werden.
Demgegenüber wollten vor allem die VertreterInnen der Kommunen, dass eher die höheren Einkommensgruppen gestärkt werden. Für den öffentlichen Dienst sei es schwierig, Fachkräfte zu bekommen. Genau diese Logik spiegelt sich im Abschluss wieder, auch wenn die unteren Einkommensgruppen nicht völlig außen vor bleiben.
Der Abschluss über die lange Laufzeit von 30 Monaten trägt nicht dazu bei, ver.di zu stärken. Es wird eher schwierig werden, neue Mitglieder zu gewinnen.
Einkommen
Ab 1. März 2018 gibt es eine Erhöhung der Einkommen um 3,19 % sowie eine Einmalzahlung von 250 € für die Tarifgruppen 1 bis 6. Ein zweiter Schritt erfolgt ab dem 1. März 2019 mit einem weiteren Plus von 3,09 %. Schließlich erhalten die KollegInnen ab 1. April 2020 noch einen „Zuschlag“ von 1,06 %.
Diese Tariferhöhungen gelten für alle Beschäftigten. Darüber hinaus gibt es aber erhebliche Veränderungen in den einzelnen Tarifgruppen oder Stufen. So fällt in allen Tarifgruppen die bisherige Stufe 1 weg. Das führt zu einer Erhöhung der Einkommen in dieser Stufe vor allem für EinsteigerInnen um gut 10 %. Ähnliches gilt für die unteren und mittleren Einkommensgruppen. Dort betragen die Zuwächse bis zu 12 %.
Ausbildungsvergütungen
Auszubildende erhalten jeweils zum 1. März eine Erhöhung der Vergütungen um 50 €. Ihr Urlaub wird auf 30 Tage im Jahr angehoben. Das führt zu einer Gleichstellung mit den anderen Beschäftigten. Die bisherige Übernahmeregelung nach dem Ausbildungsende wird wieder in Kraft gesetzt. Eine weitgehende Übernahmegarantie ist die Folge.
Für den betrieblich-schulischen Bereich des Gesundheitssektors, in dem bisher keine Ausbildungsvergütungen gezahlt werden, ist die Aufnahme von Tarifverhandlungen vereinbart.
SchülerInnen in praxisbezogenen Ausbildungsgängen zu ErzieherInnen werden ab dem 1. März 2018 erstmals vom Tarifvertrag erfasst.
Gesundheitswesen
Für die Beschäftigten in den Krankenhäusern wurde eine Sondervereinbarung getroffen. Nach den geplanten Gesetzesänderungen zur Krankenhausfinanzierung werden Verhandlungen über folgende Punkte aufgenommen:
• Erhöhung der Zeitzuschläge bei Samstagsarbeit
• Einrechnung der Pausen in die Arbeitszeit bei Wechselschicht
• Überstundenzuschläge für Teilzeitbeschäftigte in Wechselschicht
Von 2019 bis 2021 gibt es jeweils einen zusätzlichen Urlaubstag bei Wechselschichtarbeit.
Fazit
Insgesamt bringt dieser Abschluss für viele Beschäftigte sicherlich erhebliche Einkommenszuwächse oder andere positive Regelungen. Aber die Diskrepanz zwischen den Forderungen und dem Ergebnis wird dieses Mal besonders deutlich. Diese Kritik betrifft nicht nur die lange Laufzeit.
Es wurde erneut sichtbar, dass die Führung von ver.di es nicht auf eine wirkliche Kraftprobe ankommen lassen will. Nur ein Streik hätte den erforderlichen Druck zur Durchsetzung der eigenen Forderungen ermöglicht.
Die Inszenierung in diesem Jahr zielte darauf ab, in der dritten Verhandlungsrunde zu einem Ergebnis zu kommen. Dies ist dann auch gelungen. Allerdings war der Preis dafür, dass sich inhaltlich die kommunalen „Arbeitgeber“ durchgesetzt haben.