The kids don’t want com­mu­nism yet - Wie man Jugend­li­che erreicht und einbindet

Ali­na Fuchs

Man kann sich bezüg­lich die­sem und jenem Illu­sio­nen machen oder man kann die Sache for­mu­lie­ren wie sie ist: Sozia­lis­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen haben ein Mit­glie­der- und ein Nach­wuchs­pro­blem. Zu weni­ge von uns Jugend­li­chen arbei­ten aktiv dort mit, wo es unse­rer eige­nen Zukunft för­der­lich wäre, und das hat auch sei­ne Gründe.

Grafik: Pinterest, Brooke Bernstein.

Gra­fik: Pin­te­rest, Broo­ke Bernstein.

Lin­ke Ver­bän­de wer­den ger­ne tot­ge­schwie­gen, oppo­si­tio­nel­le Kom­mu­nis­ten und Sozia­lis­ten eben­falls, und jede Form der Kon­se­quenz sei­tens Lin­ker wird gna­den­los ver­teu­felt. Dazu kommt die doch recht zurück­hal­ten­de (Nicht-)Präsenz von ver­nünf­ti­gen Organisationen.

Die ISO mal als Beispiel:
Ich bin auf sie auf­merk­sam gewor­den, als ich den Wiki­pe­dia-Arti­kel über Trotz­kis­mus gele­sen habe und mir die Rubrik „Orga­ni­sa­tio­nen“ ange­schaut habe. Ansons­ten haben ein paar Akti­ve aus dem Umfeld der LINKEN gesagt, dass sie Mit­glie­der ken­nen, als ich sie mal danach gefragt habe. Der Durch­schnitts­ju­gend­li­che macht sowas aber nicht und erfährt dem­nach nicht mal von der Exis­tenz der ISO (zumin­dest nicht in Duis­burg), geschwei­ge denn, dass er sich für sie inter­es­siert. Und selbst wenn wir soweit wären, ist da immer noch das Pro­blem, dass vie­le von uns ger­ne mit Gleich­alt­ri­gen zusam­men­ar­bei­ten, was inner­halb der ISO, nun ja, schwie­rig ist.

Aber dafür gibt es ja Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen, nicht wahr?
Ja, schon, aber die könn­ten auch etwas mehr Zulauf ver­tra­gen. Bei dem Man­gel an ange­mes­se­ner poli­ti­scher Bil­dung, Dämo­ni­sie­rung des Sozia­lis­mus und „Wegigno­rie­rung“ der Sozia­lis­ten von neben­an ist das auch nicht gera­de ver­wun­der­lich. Wir müs­sen uns also sel­ber dar­um küm­mern und direkt als posi­ti­ve Kraft in Erschei­nung treten.
Im Rah­men der Coro­na­kri­se ist dafür die Nach­bar­schafts­hil­fe von der LINKEN, Young Strugg­le und der AGIF ein gutes Bei­spiel, weil sie den Gehol­fe­nen im Gedächt­nis blei­ben wird, obwohl die Regio­nal­pres­se lie­ber über die Jusos berich­tet. An die­ser Stel­le wird man auf Mund­pro­pa­gan­da hof­fen müssen.

Soll­te Welt­ende aber mal vor­bei sein, kann man den Leu­ten noch ganz ande­re Din­ge bie­ten, die nicht offen­sicht­lich poli­tisch sind: Jede mög­li­che Art von Gemein­schafts­ver­an­stal­tun­gen, bei denen man sich aus­tau­schen und anfreun­den kann. Grup­pen­ge­fühl soll­te dabei im Fokus ste­hen, die Men­schen müs­sen sich ange­nom­men und ein­ge­bun­den füh­len. Dadurch erreicht man beson­ders noto­ri­sche jugend­li­che Außen­sei­ter, die kei­nen gro­ßen oder sta­bi­len Freun­des­kreis haben, sehr gut.
Die Vor­tei­le davon, sich erst anzu­freun­den und dann poli­tisch zu wer­den, hal­te ich für immens.
Ers­ten ist der Mythos vom „roten Mons­ter“ direkt vom Tisch, und zwei­tens ist man eher geneigt, mit Freun­den zu Vor­trä­gen, Kund­ge­bun­gen etc. zu gehen oder Publi­ka­tio­nen, die sie einem geben, anzu­neh­men, beson­ders wenn man skep­tisch ist. Eine tat­säch­li­che per­sön­li­che Bezie­hung ist der Fuß in der Tür.
Danach kommt die poli­ti­sche Bil­dung und der Unter­schied zu Polit­sek­ten: kei­ne Gehirn­wä­sche, kei­ne Lügen, rest­lo­se Wahr­heit. Statt­des­sen gilt es durch Theo­rie­bil­dung und ver­nünf­ti­ge Argu­men­te sys­te­ma­tisch Klas­sen­be­wusst­sein zu schaf­fen und sämt­li­che fal­schen Vor­ur­tei­le aus­zu­räu­men. Durch gemein­sam durch­ge­führ­te Aktio­nen wächst man in der Grup­pe ganz von allein stär­ker zusammen.

Aber was tun bis dahin?
Es gibt eine weit ver­brei­te­te The­se, dass Lin­ke den Ein­satz von Memes nicht beherr­schen. Ein Blick auf die Meme­page der LINKEN auf Insta­gram oder auf die Face­book-Sei­te Sas­sy Socia­list Memes führt die­se aber ad absur­dum. Ich wage zu be- haup­ten, dass, was vor hun­dert Jah­ren eine Zei­tung und Pla­ka­te auf öffent­li­chen Plät­zen waren, heu­te eine Meme­page ist, näm­lich eine äußerst wich­ti­ge Metho­de der Ein­fluss­nah­me: Teils kom­ple­xe Zusam­men­hän­ge wer­den sehr sim­pel und mit Humor rüber­ge­bracht. Eigent­lich ide­al für digi­ta­les Agitprop.
Pro­blem: Sozia­le Medi­en sind auch käuf­lich und die Algo­rith­men kre­ieren nahe­zu her­me­ti­sche Fil­ter­bla­sen, die kei­ne neu­en Inhal­te zulas­sen und wenn über­haupt rechts und immer rech­ter wer­den. Beson­ders der You­tube-Algo­rith­mus scheint Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker zu sein.

Aber Moment, wir spra­chen von öffent­li­chen Plät­zen. Die gibt es glück­li­cher­wei­se immer noch, trotz sozia­ler Medi­en und Coro­na. Und da kann man auch „alt­mo­di­sche“ Pla­ka­te anbrin­gen oder neu­mo­di­sche­re Sti­cker. Ich ver­spre­che euch, die Sti­cker­bör­se unter (halb-)linken Jugend­li­chen boomt, wer wer sein will, braucht Aufkleber.
Dazu kommt das soge­nann­te „Adbus­ting“, bei dem als eine Form der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la Wer­bung auf öffent­li­chen Plät­zen – häu­fig gesell­schafts­kri­tisch – ver­frem­det wird, und natür­lich das klas­si­sche poli­ti­sche Graffito.

Mit der Ein­bin­dung wird es zur­zeit ein biss­chen schwer, aber die Zeit nach Coro­na berech­tigt ja zu den schöns­ten Hoff­nun­gen, nicht wahr?
Bis dahin: Sti­cker, Memes und fest und klar und hei­ter sein.

aus der Avan­ti O. April - Mai 2020
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