P. S.
Dass Güter nicht in der Art und der Menge produziert werden, wie sie benötigt werden, ist ein Wesensmerkmal des kapitalistischen Systems. Produziert wird, was den größtmöglichen Profit verspricht.
Die Warenproduktion an sich ist schon problematisch genug. Werden überdies noch weitere gesellschaftliche Bereiche der Profitlogik untergeordnet und grundlegende Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr sichergestellt, sondern ebenfalls zu Waren gemacht, funktioniert Daseinsvorsorge nicht mehr.
Beispiel KKO / AMEOS (Oberhausen)
Das Katholische Klinikum Oberhausen befand sich im Eigentum des Bistums Essen und dreier Gemeinden, als es nach drei verlustreichen Jahren im Juli 2019 in die Insolvenz ging: mit einem erwarteten Defizit für 2019 von acht Millionen Euro und einem Investitionsstau im mittleren zweistelligen Millionenbereich allein beim St. Josef Hospital.
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Ende April 2020 wurde das KKO von der Schweizer AMEOS Gruppe übernommen. AMEOS ist bekannt für Lohndumping und dafür, „Arbeitnehmer“-Rechte zu unterlaufen, siehe dazu den Artikel in der Avanti O., Ausgabe 09-12/2019.
Über den Charakter des de facto Konzerns sollte mensch sich durch sein Werben um Sympathie mit kleinen Geschenken und Imagekampagnen, wie aktuell im Wochenanzeiger, nicht hinwegtäuschen lassen.
Dass AMEOS in Oberhausen nicht anders verfährt als anderswo, zeigt sich aktuell daran, dass AMEOS 43 Kündigungen ausgesprochen hat. Dies passiert, entgegen anderslautender Zusagen des Unternehmens, aufgrund einer Umstrukturierungsmaßnahme.
Neben Einzelvereinbarungen und Spaltung der Belegschaft durch Versprechungen und Angstmache sind es gerade die Unternehmensaufspaltungen und Umstrukturierungen, mit denen AMEOS seine unsoziale Unternehmenspolitik üblicherweise umsetzt.
Dass der größte Gesundheitsversorger unserer Stadt weitgehend agieren kann, wie er will, und in erster Linie weder der Oberhausener Bevölkerung noch seinen Beschäftigten sondern der US-amerikanischen Carlyle Group, einer „Heuschrecke“ verpflichtet ist, ist ein Fehler im System.
Beispiel Contilia (Essen)
Der katholische Krankenhaus-Betreiber Contilia erwarb in 2018 die katholischen Kliniken im Essener Norden. Nach einem chaotischen Hin und Her, was mit den drei Krankenhäusern geschehen soll, hat Contilia Anfang Oktober 2020 das Marienhospital in Altenessen „aus wirtschaftlichen Gründen“ geschlossen. Das St. Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg soll zum Ende des Jahres folgen. Damit setzt sich Contilia über den ausdrücklichen Wunsch der Stadt Essen hinweg, das Krankenhaus auch über den Jahreswechsel für die gesundheitliche Versorgung im Essener Norden geöffnet zu halten, bis die Versorgung der Bevölkerung auf andere Weise gesichert ist.
Bleibt es bei diesen Plänen, gibt es bald für den gesamten Essener Norden nur noch ein einziges Krankenhaus: das Philippus-stift in Borbeck, das eigentlich geschlossen, nun aber – nach derzeitigem Stand – umfangreich um- und ausgebaut werden soll. Bis 2027! Nach den bisherigen Erfahrungen mit Contilia kann man sich auf diese Zusage nicht einmal verlassen.
Die Gesundheitsversorgung im Essener Norden war bereits mangelhaft, als alle drei Krankenhäuser noch geöffnet waren. Nun droht den Bewohner*innen dieser stark von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Stadtteile mit dem Wegfall hunderter Krankenhausbetten eine weitere drastische Verschlechterung ihrer Lage. Und dies, obwohl gerade die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass jedes Bett gebraucht wird.
Contilia ist augenscheinlich weder willens noch in der Lage, eine ordentliche Gesundheitsversorgung für den Essener Norden sicherzustellen. Das zieht die Versorgungslage für die ganze Stadt nach unten.
Darum hat sich eine Initiative gegründet, die mit dem Bürgerbegehren „Krankenhäuser retten – Versorgung sichern!” die Kommunalisierung der Krankenhäuser im Essener Norden erreichen will:
„Die von uns […] verlangte Überführung in die öffentliche Trägerschaft sichert am ehesten eine nicht nur profitorientierte Gesundheitsversorgung, gute Arbeitsbedingungen und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Gesundheitsversorgung ist Gemeinwohl und fällt in die Verantwortung der Kommune.“