100 Jah­re Frau­en­wahl­recht – und immer noch viel zu tun Demons­tra­ti­on zum Inter­na­tio­na­len Kampf­tag der Frauen

100 Jah­re Frauenwahlrecht – 
und immer noch viel zu tun

Demons­tra­ti­on zum 
Inter­na­tio­na­len Kampf­tag der Frauen

100 Jahre Frauenwahlrecht – und immer noch viel zu tun Demonstration zum Internationalen Kampftag der Frauen. Foto: ACW.Petra Sta­ni­us

Zum drit­ten Mal in Fol­ge demons­trier­ten anläss­lich des 8. März auch in Ober­hau­sen Frau­en und Män­ner für Frauenrechte.
Unter dem Mot­to „Gutes Aus­kom­men mit dem Ein­kom­men ein Leben lang“ hat­te das Frau­en-Ple­num Ober­hau­sen für Sams­tag, den 10. März mit einem Bünd­nis dazu aufgerufen.
Dass Frau­en auch heu­te noch deut­lich nied­ri­ge­re Arbeits­ein­kom­men und Ren­ten haben als Män­ner und war­um dies so ist, wur­de bei der Demo von meh­re­ren Red­ne­rIn­nen benannt.

So wies Peter Kös­ter von der IG BAU dar­auf hin, dass laut DGB die Stun­den­löh­ne von Frau­en im Durch­schnitt 21 % nied­ri­ger sei­en als die von Män­nern. Berech­nun­gen der „Arbeit­ge­ber“ kämen auf eine Lohn­lü­cke von 13,5 %. Dass es einen erheb­li­chen Unter­schied zwi­schen Män­ner- und Frau­en­löh­nen gibt, sei somit unstrittig.
In Island gäbe es bereits seit 1970 ein Gesetz, das Lohn­gleich­heit vor­schrei­be. Wenn dies in einem so klei­nen Land mög­lich sei, soll­te Deutsch­land das auch kön­nen. Das hier seit Juli 2017 gel­ten­de Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setz sei dage­gen ledig­lich ein indi­vi­du­el­les Aus­kunfts­recht ohne recht­li­che Kon­se­quen­zen. Über­dies wür­den ledig­lich 40 % der Frau­en von dem Gesetz erfasst.

Die gestie­ge­ne Lebens­er­war­tung bedeu­te auch, dass Frau­en bei der gege­be­nen Ren­ten­si­tua­ti­on län­ger arm sei­en. Von Betriebs­ren­ten sei­en sie meist aus­ge­schlos­sen. Um dem Pro­blem Alters­ar­mut zu begeg­nen, for­der­te Peter Kös­ter eine Bür­ger­ver­si­che­rung, in die alle ein­zah­len, also auch Bes­ser­ver­die­nen­de, Selb­stän­di­ge und BeamtInnen.
Da Frau­en häu­fig unfrei­wil­lig in Teil­zeit arbei­te­ten, wäh­rend vie­le Män­ner ger­ne ihre Stun­den­zahl redu­zie­ren wür­den, plä­dier­te er für ein all­ge­mein gel­ten­des Recht auf Arbeitszeitverkürzung.
Die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te für Ober­hau­sen, Brit­ta Cos­tecki, stell­te wei­te­re Aspek­te der Ein­kom­mens­un­gleich­heit zwi­schen den Geschlech­tern heraus:
„Frau­en­be­ru­fe“, also Beru­fe, die haupt­säch­lich von Frau­en aus­ge­übt wür­den, wür­den gemes­sen an der hier­für benö­tig­ten Qua­li­fi­ka­ti­on deut­lich schlech­ter bezahlt als „Män­ner­be­ru­fe“.
Zudem hät­ten Frau­en über­pro­por­tio­nal häu­fig Mini­jobs oder sei­en pre­kär beschäftigt.
Für die Fami­li­en­ar­beit sei­en sie wei­ter­hin die Hauptverantwortlichen. 
All dies schla­ge sich in der Höhe der Arbeits­ein­kom­men nie­der und spä­ter dann in der Höhe der Ren­ten. Wenn die Lohn­lü­cke nicht nach dem Stun­den­lohn son­dern unter Ein­rech­nung von Fak­to­ren wie Teil­zeit etc. berech­net wür­de, so läge sie bei mehr als 45 %.
Eine wei­te­re Unge­rech­tig­keit sei, dass Allein­er­zie­hen­de – über­wie­gend Frau­en – zu 45 % auf Leis­tun­gen des Job­cen­ters ange­wie­sen sei­en. Dass dies nicht zu einem Auf­schrei führt, hält Brit­ta Cos­tecki für ein Armutszeugnis.

Über die Fra­ge der Ein­kom­mens­gleich­heit hin­aus blei­ben wei­te­re Rech­te, die wir noch erkämp­fen müssen:
So kam bei der Demons­tra­ti­on auch das The­ma „Gewalt an Frau­en“ zur Spra­che. Kör­per­li­che Unver­sehrt­heit und der Schutz von Frau­en und Kin­dern vor häus­li­cher Gewalt sind lei­der auch in Deutsch­land nicht selbstverständlich.
Suna Tanis vom Ober­hau­se­ner Frau­en­haus kri­ti­sier­te, dass es immer noch kei­ne gesi­cher­te Finan­zie­rung der Frau­en­häu­ser gäbe. Ein Tag im Frau­en­haus kos­te 33 Euro pro Tag. Habe die Betrof­fe­ne zwei Kin­der, sei­en es 99 Euro pro Tag. Die­se Sum­me könn­ten die Frau­en nicht selbst auf­brin­gen, sie sei­en also auf Sozi­al­leis­tun­gen ange­wie­sen. Die­se wür­den aber häu­fig abge­lehnt. Dann blie­be nur die Finan­zie­rung durch Spenden.
Frau­en­häu­ser sei­en zudem über­füllt und könn­ten Not­fäl­le kaum auf­neh­men, so auch in Oberhausen.
Suna Tanis for­der­te einen kos­ten­frei­en, schnel­len Zugang für alle von Gewalt betrof­fe­nen Frau­en und ihren Kin­dern zu Frauenhäusern.
Cor­ne­lia Schie­ma­now­ski von der GEW wand­te sich in ihrem Rede­bei­trag gegen die Ver­su­che rech­ter Grup­pie­run­gen, den Kampf für Frau­en­rech­te für sich zu ver­ein­nah­men. Was von die­ser Sei­te käme, sei ledig­lich Angst­ma­che­rei. Tat­säch­lich sei ihre Poli­tik gegen die Inter­es­sen von Frau­en gerich­tet und stel­le sogar bereits durch­ge­setz­te Rech­te in Frage.

Auch der inter­na­tio­na­le Cha­rak­ter des Frau­en­tags kam bei der Demons­tra­ti­on zum Aus­druck: Meh­re­re Bei­trä­ge nah­men Bezug auf den Frau­en­streik, an dem sich am 8. März zahl­rei­che Frau­en – und auch Män­ner – in aller Welt betei­ligt hat­ten. So leg­ten ins Spa­ni­en 5,3 Mil­lio­nen Men­schen die Arbeit nie­der. Frau­en ver­wei­ger­ten unbe­zahl­te Tätig­kei­ten wie Haus­ar­beit. Eben­falls beein­dru­ckend waren die kraft­vol­len Frau­en­de­mons­tra­tio­nen in der Tür­kei, an denen sich Tau­sen­de betei­lig­ten und so dem des­po­ti­schen Erdo­gan-Regime trotzten.

Die Ver­an­stal­tung in Ober­hau­sen ende­te mit dem Auf­tritt eines Chors und dem Stück „Brot und Rosen“. Andrea-Cora Walt­her vom Frau­en-Ple­num for­der­te alle Teil­neh­me­rIn­nen auf, im nächs­ten Jahr jeweils eine wei­te­re Per­son mit­zu­brin­gen, damit die Demons­tra­ti­on in 2019 noch bun­ter und lau­ter wer­de. Und rief dazu auf, so lan­ge auf die Stra­ße zu gehen, bis Frau­en glei­che Rech­te und glei­chen Lohn für glei­che Arbeit hät­ten und die unbe­zahl­te Arbeit in Haus, Pfle­ge, Erzie­hung und Bil­dung end­lich die Aner­ken­nung fin­de, die sie verdiene.

aus der Ober­hau­se­ner Bei­la­ge zur Avan­ti, März 2018
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