Der Haupt­feind steht im eige­nen Land!

1914-1939-2014 – Kapi­ta­lis­mus, Krise(n) und Krieg(e)

Der Haupt­feind steht im eige­nen Land!

Soll­ten wir über­rascht sein von dem anschwel­len­den Kriegs­ge­schrei? Wer lesen konn­te und woll­te, wuss­te seit eini­ger Zeit, was auf uns zukommt.

Nach der Nie­der­la­ge der faschis­ti­schen Dik­ta­tur hat sich das deut­sche Kapi­tal zunächst eine wirt­schaft­li­che und schließ­lich auch eine poli­ti­sche Füh­rungs­rol­le auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne zurück­er­obert. Mit der mitt­ler­wei­le errun­ge­nen Domi­nanz der BRD in der Euro­päi­schen Uni­on (EU) ist der alte Traum von der deut­schen Vor­herr­schaft in Euro­pa, der 1918 und 1945 blu­tig geschei­tert war, im drit­ten Anlauf wahr gewor­den. Jetzt geht es den Herr­schen­den zuneh­mend um die inter­na­tio­na­le mili­tä­ri­sche Absi­che­rung die­ser Machtansprüche.

Der glo­ba­le Kapi­ta­lis­mus und somit auch das Pro­jekt der EU sind seit der „Finanz­kri­se“ 2007 selbst in eine exis­ten­zi­el­le Kri­se gera­ten. Ihr Aus­gang ist offen. Die Bun­des­re­pu­blik konn­te sich zwar bis­her als schein­ba­rer Hort der wirt­schaft­li­chen, sozia­len und poli­ti­schen Sta­bi­li­tät insze­nie­ren, aber das kann sich schnell ändern. Die stra­te­gi­sche Offen­si­ve des neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus seit den 1970er Jah­ren lässt sich mit weni­gen Stich­wor­ten skiz­zie­ren: „Glo­ba­li­sie­rung“ und Washing­ton-Kon­sens, Lis­sa­bon-Pro­zess und Agen­da 2020 (2030), Frei­han­dels­ab­kom­men und Medi­en­kon­zen­tra­ti­on, Total­über­wa­chung und Pre­ka­ri­sie­rung, Fis­kal­pakt und „Ban­ken­schutz­schir­me“. Ziel all des­sen ist das Zurück­drän­gen und Zer­stö­ren sozia­ler, öko­lo­gi­scher und demo­kra­ti­scher Rech­te sowie die his­to­ri­sche Schwä­chung der arbei­ten­den Klas­se und ihrer Gewerkschaften.

Der glo­ba­le Wirt­schafts­krieg der herr­schen­den 0,1 Pro­zent wird zuneh­mend mehr mit der mili­tä­ri­schen Kriegs­füh­rung ver­bun­den. Wir erle­ben der­zeit erneut eine Bestä­ti­gung des alten Sat­zes „Krieg ist die Fort­set­zung der Poli­tik mit ande­ren Mit­teln“ (Carl von Clau­se­witz). Die zuneh­men­de mili­tä­ri­sche „Siche­rung“ deut­scher Ein­fluss­sphä­ren ist des­halb auch Bestand­teil des Koali­ti­ons­ver­tra­ges. Die Gro­Ko hat sich – wenn auch ver­klau­su­liert – die­ser Art von Poli­tik ver­schrie­ben. Als „ver­läss­li­cher Part­ner in der Welt“ wird Deutsch­land in der poli­ti­schen Lyrik des Koali­ti­ons­ver­tra­ges benannt. Deutsch­land stellt „sich sei­ner inter­na­tio­na­len Ver­ant­wor­tung“ und will „die glo­ba­le Ord­nung aktiv mit­ge­stal­ten“. Des­halb steht die Gro­Ko auch „bereit, wenn von unse­rem Land Bei­trä­ge zur Lösung von Kri­sen und Kon­flik­ten erwar­tet wer­den“. Was das heißt, sehen wir der­zeit an den aktu­el­len Bei­spie­len Ukrai­ne und Irak / Syri­en sehr gut. Zuerst finan­zi­el­le und logis­ti­sche mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung, dann Waf­fen­lie­fe­run­gen und schließ­lich Kriegs­ein­sät­ze – par­don: „frie­dens­er­hal­ten­de Mis­sio­nen“ – der Bundeswehr.

Das ist die „alter­na­tiv­lo­se“ Logik, die uns eine koor­di­nier­te Medi­en­kam­pa­gne ein­häm­mert. Seit der Mün­che­ner Sicher­heits­kon­fe­renz im Früh­jahr haben sich Feld­pre­di­ger Gauck, Droh­nen-Uschi, Agen­da 2010-Stein­mei­er und ande­re Polit­ster­ne immer deut­li­cher in die­sem Sin­ne geäu­ßert. Im Koali­ti­ons­ver­trag heißt es übri­gens auch: „Dabei [bei der Kri­sen- und Kon­flikt­lö­sung, die Red.] ste­hen für uns die Mit­tel der Diplo­ma­tie, der fried­li­chen Kon­flikt­re­gu­lie­rung und der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit im Vor­der­grund.“ Wie gesagt: „Krieg ist die Fort­set­zung der Poli­tik mit ande­ren Mit­teln“. Es ist an der Zeit, durch eine außer­par­la­men­ta­ri­sche Mas­sen­be­we­gung den Kriegs­trei­bern Ein­halt zu gebie­ten. Nicht nur in Deutsch­land, son­dern international.

aus der Bei­la­ge zur Avan­ti 225, Sep­tem­ber 2014
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