AKUWILL
Engagierte Betriebsräte stehen bei betrieblichen Auseinandersetzungen besonders im Visier der Unternehmensleitung. Sie können aufgrund ihres Amtes nicht ordentlich gekündigt werden. Aber eine fristlose Kündigung ist mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Zum Beispiel wegen angeblicher Verletzung einer Arbeitspflicht. Dies wird von aggressiven Unternehmensvertretern häufig als Grund für ungerechtfertigte fristlose Kündigungen angegeben. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, was in der Regel passiert, kann ein Arbeitsgericht diese per Urteil ersetzen. Genau das möchte die Geschäftsführung von Sea Life gerade erreichen.
Die Betriebsräte des Oberhausener Aquazoos Sea Life wurden im November 2018 gleich in zwei Kategorien mit dem Deutschen Betriebsrätepreis ausgezeichnet. Eine war die Sonderauszeichnung „Fair statt prekär“, weil sie sich gegen die drohende Auflösung ihres Gremiums wehrten.
Vorausgegangen war ein jahrelanger Kampf mit Klagen durch alle Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht, unterstützt von der Gewerkschaft IG BAU. Es ging dabei um das Recht auf eigenständige Betriebsräte bei Sea Life und bei Legoland Oberhausen. Beide Betriebe gehören zur britischen Merlin Entertainments Group. Mit der Behauptung, beide Unternehmen seien ein Gemeinschaftsbetrieb, wollte die Merlin Unternehmensführung das bestehende Gremium von Sea Life auflösen und gleichzeitig die Bildung eines zweiten bei Legoland verhindern. Als die Beschäftigten von Legoland in 2015 dennoch einen Betriebsrat gründeten, focht die Geschäftsführung deren Betriebsratswahl an.
Der Betriebsrat von Sea Life entwickelte eine Gegenstrategie, um sich gegen seine Auflösung zu wehren. Das Gremium verschaffte sich das benötigte Wissen durch Schulungen und externe Rechtsberatung, um dem wachsenden Druck standzuhalten: Neben Schikanen wie übler Nachrede, Abmahnungen und fehlerhaften Gehaltsabrechnungen wurden von der Geschäftsleitung auch für Union Busting bekannte Un-Rechtsanwälte eingesetzt.
Ihre Gegenwehr war erfolgreich. Beide Gremien existieren, arbeitsgerichtlich bestätigt, weiter. Der Gemeinschaftsbetrieb ist vom Tisch. Die Kolleg*innen haben viel erreicht, und sie kämpfen weiterhin gegen diverse Missstände bei Sea Life. Der Betriebsrat muss seine Rechte immer wieder einfordern.
Aktuell strebt Sea Life die fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen angeblicher Selbstbeurlaubung an. Der Anwalt des Unternehmens nutzt zudem nachträglich ein Post des Kollegen bei Facebook um zu behaupten, dass das Vertrauensverhältnis zu dem Kollegen nachhaltig gestört sei.
Der Gütetermin im Januar blieb ohne Ergebnis. Nun will Sea Life vor dem Arbeitsgericht Oberhausen mit einem Zustimmungsersetzungsverfahren die Kündigung des Betriebsrats durchsetzen:
Donnerstag, 9. Mai 2019
11:30 Uhr
Arbeitsgericht Oberhausen
Saal 2
Friedrich-List-Straße 18 (OB Hbf, Hauptausgang)
46045 Oberhausen