Kommunisten gegen Hitler und Stalin
Bericht von der Veranstaltung mit dem Historiker Dr. Marcel Bois am 17. März 2015 im Linken Zentrum in Oberhausen.
R.J.
Etwa 20 Menschen waren der Einladung des RSB Oberhausen und der Linken Liste Oberhausen zur Buchvorstellung und Diskussion mit dem Historiker Dr. Marcel Bois gefolgt.
Marcel stellte die Anfänge der Entstehung der frühen KPD dar und auch die strategischen und organisatorischen Brüche ca. ab dem Jahr 1923. Durch jahrelange Forschung, welche die Grundlage seines Buches „Kommunisten gegen Hitler und Stalin“1 darstellte (das zugleich seine Promotionsarbeit ist) konnte er kompetent die Bruchlinien aufzeigen zwischen einer sich immer mehr stalinisierenden KPD und der innerparteilichen Linksopposition, die nicht bereit war, diesen sich ab Mitte der 20er Jahre entwickelnden Kurs mitzugehen.
Die Linksopposition hatte zeitweise mehrere 10.000 AnhängerInnen. Es handelte sich dabei jedoch nicht um eine einheitliche Opposition, sondern um diverse Gruppen, die unterschiedliche Positionen vertraten. Einig waren sie sich in ihrer Kritik an der Stalinisierung der KPD und an der Entwicklung in der Sowjetunion. Letztere begriffen sie als ein Zurückschrauben der Errungenschaften der Revolution.
Mit dem „Brief der 700“, einer Erklärung von deutschen Linken in der KPD zur russischen Frage, wurden Angehörige der verschiedenen Oppositionsgruppen im September 1926 gemeinsam aktiv. Bei den 700 UnterzeichnerInnen des Dokumentes handelte es sich ausschließlich um FunktionärInnen. Damit hatte der Brief ein erhebliches Gewicht. Er ermöglichte für einige Monate eine Diskussion in der KPD über die Sowjetunion. Zugleich führte er aber zur Verschärfung der Repression gegen die innerparteiliche Opposition.
Die Linksopposition wurde nach und nach mit allen nur erdenklichen Mitteln aus der Organisation gedrängt, so das sich innerhalb weniger Jahre die Struktur der KPD-Mitglieder im Vergleich zu den frühen Anfangsjahren völlig veränderte.
Der Referent nannte einige Gründe, warum seiner Auffassung nach die Linke den Kampf um die KPD verloren hat: Der übermächtige Gegner, aber auch die Mitverantwortung eines Teils der Opposition für den Zustand der Partei und ideologische Probleme innerhalb der Opposition wie Realitätsferne und Ablehnung der Einheitsfrontpolitik.
Oppositionelle Gruppen gründeten sich nun außerhalb der KPD, aber weiterhin mit dem Ziel, die KPD zu reformieren. Um 1930 hatten sie insgesamt noch ca. 2.000 bis 3.000 Mitglieder.
Marcel stellte einige der weitgehend in Vergessenheit geratenen Oppositionsgruppen vor. Nicht außen vor blieben in seinem Vortrag auch strategische Fehler der organisierten Arbeiterbewegung (Einheitsfrontpolitik, Sozialfaschismustheorie, Volksfrontkonzept …), welche nicht unerheblich zur historischen Niederlage der Arbeiterbewegung im Kampf gegen den Faschismus beigetragen haben.
Nutznießer der Weltwirtschaftskrise in den Jahren 1929 ff waren hauptsächlich die Nazis. Dies wurde von der KPD nicht gesehen, die sich selbst für die Siegerin hielt. Die LinkskommunistInnen, die sich an Trotzki (bzw. ursprünglich Sinowjew) orientierten, hatten eine realistischere Einschätzung von der Gefahr, die der Faschismus für die ArbeiterInnenbewegung darstellte. Jetzt vertraten sie die Einheitsfrontpolitik, die sie zuvor abgelehnt hatten.
Sie konnten die Machtübernahme durch Hitler und die Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung nicht verhindern.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich das Interesse der BesucherInnen an fachkompetenten Fragen an den Referenten. Insgesamt war es eine sehr anregende Veranstaltung, die auch noch einmal aufgezeigt hat, dass, wenn wir als revolutionäre Linke nicht wissen, woher wir kommen, es auch schwierig ist, den Weg nach vorne zu beschreiten.
1 Marcel Bois
Kommunisten gegen Hitler und Stalin
Die linke Opposition der KPD in der Weimarer Republik
Klartext Verlag Essen
erschienen am 10.11.2014
614 Seiten, Broschur, 39,95 €
ISBN: 978-3-8375-1282-3