„Demonstrationsrecht verteidigen!
Aufruf zum Widerstand gegen den Abbau unserer demokratischen Grundrechte“
Unter diesem Motto fand am 7. Oktober 2017 in Düsseldorf ein bundesweiter Kongress mit ca. 150 TeilnehmerInnen statt.
L. M.
Anlass für die Einberufung des Kongresses waren der aktuelle Grundrechte-Abbau (1) und hohe Haftstrafen bei den Prozessen gegen DemonstrantInnen, die im Juli dieses Jahres gegen den G20-Gipfel in Hamburg protestiert hatten.
Eingeladen hatte die Initiative „Demonstrationsrecht verteidigen!“ (2), die von mehr als fünfzig Gewerkschaften, Migranten- und Bürgerrechtsorganisationen, Journalisten- und Anwaltsverbänden sowie zahlreichen Einzelpersonen unterstützt wird.
Das Theater „Mein Einsatzleiter“ spielte wahre Begebenheiten aus dem Leben eines Demonstrationsanmelders nach und stimmte mit dieser Realsatire gut ins Thema ein.
Eröffnet wurde der Kongress von den beiden ModeratorInnen Simon Ernst, ver.di NRW-Süd, und Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie.
Von den fünf ReferentInnen, die eigentlich auf dem Podium hätten Platz nehmen sollen, haben es, dem Sturmtief Xavier geschuldet, nur zwei geschafft, dort anzukommen:
Ulla Jelpke, für die Linkspartei im Bundestag, erinnerte daran, dass die Rechtsentwicklung in Deutschland nicht erst mit der AfD begonnen hat, sondern bereits vorher von der Großen Koalition betrieben wurde. Sie machte deutlich, dass Gesetzesverschärfungen und Demokratieabbau politische Gründe haben und den Kapitalismus festigen und Gegenkräften entgegenwirken sollen. Zur Durchsetzung imperialistischer Interessen werde ein Regime installiert, das den permanenten Notstand praktiziere.
Ulla Jelpke übernahm mit ihrem Beitrag auch den Part des Journalisten und verdi-Gewerkschaftssekretärs Peter Dinkloh, einem der verhinderten Referenten, und kritisierte die Ausladung von 32 bereits akkreditierten JournalistInnen beim G20-Gipfel. Unter anderem seien fünf von ihnen als „Gewalttäter links“ geführt worden, lediglich, weil sie an Demonstrationen teilgenommen hätten und für linke Zeitungen schrieben.
Gerhard Kupfer, langjähriger Gewerkschafter und Mitglied des Betriebsrates bei Daimler Bremen, sprach zum Streikrecht vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen, insbesondere mit einem spontanen, erfolgreichen Streik. Er stellte die Einschränkungen des Streikrechts in Zusammenhang mit denen des Asyl- und des Versammlungsrechts.
Alexander Bosch, Amnesty International, wurde per Skype zugeschaltet. Er sprach zum Thema Polizeigewalt und Rassismus. PolizistInnen als angebliche Opfer seien zu einem Dauerthema gemacht worden, was letztlich Erfolg gehabt habe. Die Änderung des Demonstrationsrechts, deren Begründung fragwürdig sei, schrecke von der Teilnahme an Demonstrationen ab. Er beschrieb die Praxis der verdachtsunabhängigen Personenkontrollen und des Racial Profiling und wies darauf hin, dass die Gesetzesverschärfungen in besonderem Maße Nichtweiße und Menschen mit niedrigem Einkommen treffen würden.
Ebenfalls via Skype wurde der Beitrag der fünften Referentin übermittelt:
Gabriele Heinecke vom Republikanischen AnwältInnenverein beschäftigte sich mit der informationellen Selbstbestimmung, dem Grundrecht, über die Preisgabe und Verwendung der eigenen Daten selbst zu entscheiden.
Sie warnte davor, dass die Aufzeichnung der Teilnahme an Demonstrationen die Gefahr birgt, dass Menschen auf ihr Demonstrationsrecht verzichten.
Sie war selbst als Beobachterin bei den Demonstrationen gegen G20 in Hamburg dabei und schilderte ihre Eindrücke von der Stadt, die sich selbst als weltoffen präsentieren wollte, dann aber mit großflächigen Demonstrationsverboten und einem überharten, eskalierenden Polizeieinsatz ein ganz anderes Bild vermittelte.
In Verbindung mit den auf die Proteste folgenden drakonischen Haftstrafen aufgrund von Vorwürfen, die üblicherweise zu Geldstrafen o. ä. geführt hätten, stellte sie einen Notstand der Demokratie fest.
Alle Beiträge kamen zu dem Schluss, dass es höchste Zeit sei, sich zu organisieren, um der bedrohlichen Entwicklung in allen ihren Erscheinungsformen gemeinsam entgegen zu treten.
Im Anschluss wurden in vier parallelen Arbeitsgruppen weitere Schritte diskutiert zur Unterstützung von politischen Gefangenen sowie der Verteidigung des Demonstrationsrechts, des Streikrechts und der Pressefreiheit und die Ergebnisse dann dem Plenum vorgestellt.
Viel Beifall erhielt der Beitrag von Dr. Alexander B. Ernst, Dozent für Biblisches Hebräisch und Rektoratsmitglied der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel, der sich demonstrativ auf die Seite der gesellschaftlichen Linken stellte, um mit ihr die bedrohten demokratischen Rechte zu verteidigen.
Als Ergebnisse der Konferenz wurden ein bundesweiter Aktionstag für die politischen Gefangenen festgehalten sowie eine Großdemonstration in 2018.
Außerdem soll der Koordinationskreis der Initiative um möglichst viele unterschiedliche MitstreiterInnen erweitert werden, um ihn auf eine breite Grundlage zu stellen.
(1) Siehe auch September-Ausgabe der Avanti O. und Website der ISO Oberhausen.
(2) Siehe www.demonstrationsrecht-verteidigen.de, wo Ihr viele Infos zum Thema findet und den Aufruf der Initiative online unterstützen könnt.