InterClean Gebäudereinigung und Gebäudedienste GmbH
Lohndumping bei Reinigungskräften: Gegenwehr hatte Erfolg
In der Oktober-Ausgabe der Avanti2 haben wir über das Gladbecker Unternehmen InterClean und die dort angewandten Methoden des Betriebsrats-Mobbings berichtet. Gewerkschaftlich engagierte Beschäftigte der kleinen Kapitalgesellschaft hatten im Jahr 2012 einen Betriebsrat gegründet, der von Geschäftsführer Helmuth Barkowski von Beginn an erbittert bekämpft wurde. Mit Unterstützung des Anwalts Martin Löbbecke kamen hier Methoden zur Anwendung, wie sie in den Anleitungen zum Betriebsrats-Bashing von Kanzleien wie Schreiner & Partner zu finden sind. Nicht alle KollegInnen haben sich zur Kooperation mit der Geschäftsleitung nötigen lassen. Auch das von dem Unternehmen praktizierte Lohndumping haben nicht alle schweigend hingenommen. Vom Erfolg, den Simone und Walter Reißner vor dem Arbeitsgericht in Gelsenkirchen erzielt haben, können auch andere profitieren.
P.S.
Hauptauftraggeber von InterClean ist das Einkaufszentrum Centro in Oberhausen. Hier betreibt das Unternehmen unter anderem die vier Toilettenanlagen. Walter Reißner war dort als Reinigungskraft und Simone Reißner als so genannte Sitzerin beschäftigt. Aufgabe der letzteren war es, die NutzerInnen der kostenlos zur Verfügung stehenden Toiletten zur Gabe eines Obolus zu bewegen und dieses Geld vollständig an InterClean herauszugeben (siehe hierzu auch den Kasten auf Seite 6). Beide waren Mitglieder des 2012 gegründeten Betriebsrats. Aufgrund des fortgesetzten Mobbings von Mitgliedern der Interessenvertretung der Beschäftigten durch die Geschäftsleitung kündigten sie bei InterClean und reichten im Anschluss Klage gegen das Unternehmen auf Herausgabe eines Teils der Trinkgelder ein.
Bereits im Januar 2014 erzielten sie einen ersten Erfolg: Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen stellte fest, dass es sich bei dem von den KundInnen auf dem Teller hinterlassenen Geld um Trinkgeld handelt – und nicht um ein freiwilliges Nutzungsentgelt, wie es die Geschäftsleitung behauptet hatte. Trinkgelder stünden eindeutig den Beschäftigten zu. Das Gericht verurteilte InterClean, den KlägerInnen Auskunft über die Höhe der im maßgeblichen Zeitraum eingenommenen Trinkgelder zu erteilen. Es stellte auch in den Raum, dass das Geschäftsmodell von InterClean sittenwidrig sein könnte (Urteile vom 21.1.2014 – *1 Ca 2158/13 und 1 Ca 1603/13). Am 25. September 2014 fand eine zweite Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen statt, bei dem über die Höhe des Anteils der Reißners an den Trinkgeldern und über den konkreten Betrag entschieden werden sollte. Unternehmer-Anwalt Martin Löbbecke versuchte auch hier noch einmal, das Gericht davon zu überzeugen, dass das „Tellergeld“ InterClean zusteht. Er gab an, dass der mit dem Centro abgeschlossene Vertrag über die Reinigung der Toiletten für InterClean nicht kostendeckend sei. So sei das Unternehmen auf den Einbehalt des „Tellergeldes“ angewiesen.
Den entsprechenden vollständigen Vertrag mit dem Centro wollte er dem Gericht allerdings nicht vorlegen. Ohnehin hatte die Richterin kein Verständnis dafür, dass die Trinkgelder der Beschäftigten – die ein Teil des Lohnes sind – indirekt zur Subventionierung des Centro eingesetzt werden sollten. Abermals kam die Frage nach der Sittenwidrigkeit der von InterClean geübten Praxis auf. Alles, was in der Verhandlung zutage kam, sprach gegen das Reinigungsunternehmen. Dennoch endete der Prozess mit einem Vergleich. Löbbecke hatte angekündigt, eine Niederlage vor Gericht nicht hinzunehmen, und die KlägerInnen wollten den Fall endlich zum Abschluss bringen. Den Reißners wurden 1.000 bzw. 1.800 Euro Anteil am Trinkgeld zugesprochen. Trotz des geringen Streitwerts handelt es sich hier um einen bedeutenden Fall, und auch wenn kein Grundsatzurteil gefällt wurde, können sich andere Beschäftigte hierauf berufen: Beschäftigte, die vergleichbare Arbeitsverträge wie Simone und Walter Reißner haben, haben Dank deren Mut und Durchhaltevermögen nun gute Aussichten, erfolgreich auf Herausgabe zumindest eines Teils der Trinkgelder klagen zu können. Anders, als es auf dem ersten Blick den Anschein hat, geht es hier um viel Geld.
Nach Schätzung der Klägerin landen an normalen Tagen mehrere Hundert und an Spitzentagen mehrere Tausend Euro auf den Sammeltellern. Das Gericht hatte sich hier nur mit einem Zeitraum von zwei Monaten beschäftigt. Die Berichterstattung über den Fall erfolgte über diverse Medien und bundesweit. Es ist zu wünschen, dass sich viele ermutigt fühlen und dem Beispiel von Simone und Walter Reißner folgen, den ihnen vorenthaltenen Lohn einzuklagen.