XXXLutz – ein Modell für Deutschland

Udo Filt­haut

Schnel­ler lässt sich ein Kauf­haus kaum schlie­ßen: 5. Okto­ber, spä­ter Nach­mit­tag, über die Sprech­an­la­ge wer­den die Beschäf­tig­ten ins Restau­rant bestellt. Dort erfah­ren sie, dass XXXLutz aus Mün­chens Innen­stadt ver­schwin­det. Sofort. Die gesam­te Beleg­schaft ist ent­las­sen.“ ver.di Publik 7/2013.
„Auch der Ver­such des Betriebs­ra­tes, mit Hil­fe der Poli­zei Zugang zum Betriebs­rats­bü­ro zu erhal­ten, schei­tert. Nun müs­sen die Gerich­te ent­schei­den. Die Gewerk­schaf­ten bie­ten dem Betriebs­rat nun ‚Asyl’.“ ver.di Medi­en­in­for­ma­ti­on 15.10.2013.
„Die Gewerk­schaft ver.di und die Mit­ar­bei­ter set­zen in den nächs­ten Tagen ihre Pro­tes­te fort. Hier­bei wol­len die Betrof­fe­nen auch ande­re Filia­len und die Zen­tra­le in Öster­reich besu­chen. ‚Das was in Mün­chen pas­siert, kann in der glei­chen Form auch an jedem ande­ren Stand­ort pas­sie­ren. Beson­ders dra­ma­tisch wäre es, wenn die­ses Modell auch in ande­ren deut­schen Unter­neh­men Schu­le machen wür­de. Für unse­ren eher sozi­al­part­ner­schaft­lich aus­ge­rich­te­ten Stand­ort Deutsch­land wäre dies ein Super­gau. Wir wol­len die­ses Geschäfts­mo­dell nicht’, erklärt Dirk Nagel die über­re­gio­na­le Bedeu­tung der Aus­ein­an­der­set­zung in Mün­chen.“ ver.di Medi­en­in­for­ma­ti­on 04.11.2013.
Nun also die „XXXL Möbel­stadt Rück“ in Oberhausen.

Schon die Fir­ma Rück war als durch­trie­be­nes Unter­neh­men bereits 2005 aus der Tarif­bin­dung aus­ge­stie­gen. Seit 2012 wur­den die aus­ge­han­del­ten Tari­fe nicht mehr bezahlt. Immer wie­der kam es zu Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Belegschaft.
Da wur­de die Offer­te zur Über­nah­me durch den vor­geb­li­chen Kon­zern XXXLutz wohl auch begrüßt. XXXLutz hat­te sich ja genü­gend Know-how im Umgang mit dem lei­di­gen Per­so­nal erworben.

Und so währ­te der Frie­den nach dem Ver­kauf Anfang 2014 nicht lan­ge. Schon ein paar Mona­te spä­ter gab es die ers­ten Que­re­len um die Vil­la Rück. Im wei­te­ren Ver­lauf des Jah­res wur­de 50 Kol­le­gIn­nen aus der Ver­wal­tung gekündigt.
Im Janu­ar 2015 schwin­del­te der Pres­se­spre­cher der XXXL-Unter­neh­mens­grup­pe Juli­an Vier­ing, dass die 281 Mit­ar­bei­te­rIn­nen der Möbel­stadt Rück einen siche­ren Arbeits­platz hät­ten, weil das Unter­neh­men mit dem Geschäfts­ver­lauf sehr zufrie­den sei. „Auf den guten Ergeb­nis­sen, die wir unse­rem moti­vier­ten Team in Ober­hau­sen ver­dan­ken, kön­nen wir für die nächs­ten Jah­re auf­bau­en.“ Tat­säch­lich aber begann XXXL im sel­ben Monat damit, die Beschäf­tig­ten in fünf ver­schie­de­ne recht­lich selbst­stän­di­ge Gesell­schaf­ten aus­zu­glie­dern. In der Fol­ge wur­de die gan­ze Palet­te von Lohn­drü­cke­rei bis zu Ent­las­sun­gen angewandt.

Seit Anfang August sind 68 Mit­ar­bei­te­rIn­nen des Möbel­hau­ses frei­ge­stellt und mitt­ler­wei­le gekün­digt. 22 Kol­le­gIn­nen haben „frei­wil­lig“ gekün­digt. Der Druck des „Arbeit­ge­bers“ war zu groß. Zusam­men mit den in der Logis­tik Geschass­ten sind seit der Über­nah­me 140 Per­so­nen ent­las­sen wor­den. Bis Mit­te Sep­tem­ber wur­den bereits 40 Kün­di­gungs­schutz­kla­gen beim Arbeits­ge­richt ein­ge­reicht. Laut ver.di wer­den es aber noch wesent­lich mehr werden.

Nach meh­re­ren Mahn­wa­chen in der Straß­bur­ger Stra­ße folg­te nun am ver­kaufs­of­fe­nen Sonn­tag, am 4. Okto­ber 2015, eine Demons­tra­ti­on. Über 50 gekün­dig­te Mit­ar­bei­te­rIn­nen sowie Ange­hö­ri­ge, Kol­le­gIn­nen von ver.di und IGM und ande­re – zusam­men viel­leicht 150 Per­so­nen – haben laut und mit vie­len Trans­pa­ren­ten und Info­ta­feln auf einer Tour durchs Vier­tel XXXLutz umrundet.
Wie sag­te Dirk Nagel von ver.di Mün­chen schon im Novem­ber 2013:
„Das was in Mün­chen pas­siert, kann in der glei­chen Form auch an jedem ande­ren Stand­ort passieren …“
Wohl an, lasst uns alle ver­su­chen, dass in Ober­hau­sen die­ses XXXLutz-Modell kein Erfolgs­mo­dell wird!

aus der Ober­hau­se­ner Bei­la­ge zur Avan­ti 237, Okto­ber 2015
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