Gesellschaftlicher Klimawandel:
Repression statt Integration
Der Abbau demokratischer und sozialer Rechte hat in Deutschland auf verschiedenen Ebenen stattgefunden. Er betrifft das Demonstrationsrecht, aber auch das Streikrecht und das Sozialrecht und zeigt sich im Ausbau des Überwachungsstaats (1). Und es werden immer neue repressive Maßnahmen für erforderlich erklärt und eingeführt. Warum?
Petra Stanius
Heute, wo die Schere zwischen arm und reich weit auseinander geht, die Herrschenden den übergroßen Teil des von ihnen nicht geschaffenen Reichtums für sich beanspruchen und mancher den eigenen Wohlstand bedroht sieht durch Menschen, die um ihre nackte Existenz kämpfen.
In einer Zeit, in der an Jugendzentren, Freizeit- und Bildungsangeboten für junge Menschen gespart wird.
In der die Kindererziehung, die Pflege von Kranken und Alten und allgemein das Sich-Kümmern um menschliche Bedürfnisse als öffentliche Aufgaben gestrichen und in zunehmend überforderte Familien verlagert werden.
In einer Zeit, in der es nicht selbstverständlich ist, dass zur Würde des Menschen unter anderem auch ein entsprechendes Auskommen, eine menschenwürdige Wohnung – und Wertschätzung gehören.
In der es im Gegenteil nicht einmal den gesellschaftlichen Anspruch gibt, dass Arbeitseinkommen zum Leben reichen muss.
Wo es darauf hinaus läuft, dass ein Drittel der Bevölkerung dauerhaft ausgegrenzt, vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und letztlich als überflüssig abgeschrieben wird.
Wo Angst, Wut und die Wahrnehmung von Ungerechtigkeit wachsen.
Wo es zunehmend Gründe für immer mehr Menschen gäbe zu protestieren, sich zu wehren, zu streiken.
Wo von der herrschenden Politik gleichzeitig immer weniger Wert gelegt wird auf Integration.
Und Mittel zusammengestrichen werden für Prävention.
Heute, wo also auch in Deutschland nicht mehr – wie in der angeblich so erstrebenswerten und der Vergangenheit angehörenden „Sozialen Marktwirtschaft“ – von den Kapitaleignern mit Hilfe von Geld Zustimmung für die kapitalistischen Verhältnisse hergestellt wird.
Da findet ein gesellschaftlicher Wandel statt, hin zur Repression: zur Sicherung der herrschenden Ordnung mit Hilfe von staatlicher Überwachung, Drohung und Gewalt.
Er zeigt sich in Rufen nach Bewaffnung für Kommunale Ordnungsdienste, nach Aufrüstung der Polizei und noch mehr noch schärfen Gesetzen, die die Meinungsäußerung reglementieren.
Er äußert sich in ausufernder Gewalt von „Sicherheitskräften“ wie bei G20 bei gleichzeitiger Kriminalisierung von Protesten und widerständiger, namentlich linker, Gesinnung. Die jüngsten Durchsuchungen bei G20-GegnerInnen, eben weil gegen sie gar nichts strafrechtlich Relevantes vorliegt, sind ein Beispiel dafür.
(1) Siehe auch die Ausgaben September sowie Oktober/November der Avanti O.